Cannabis-Legalisierung gerne - aber rechtssicher

Rede zum LINKEN-Antrag Cannabis Social Clubs von Tobias Dondelinger im Stadtparlament Für uns GRÜNE ist eine Legalisierung von Cannabis ein Ziel, das unsere Gesellschaft in vielerlei Hinsicht zu einer besseren machen würde. Und ich persönlich bin davon ebenfalls absolut überzeugt. Ich kenne nämlich ein paar Leute, denen würde es heute definitiv besser gehen, wenn Cannabis schon vor 15, 20 Jahren legal und kontrolliert erhältlich gewesen wäre. Allerdings wird diese Geschichte nicht hier und heute ihren Ausgangspunkt nehmen, denn während das Anliegen ein sehr gutes ist, ist der vorliegende Antrag bestenfalls eine Schaufenstergeschichte, schlimmstenfalls aber gefährlich für unser grundlegendes Ziel. Das Gegenteil von „Gut“ ist „gut gemeint“, das trifft hier zu wie selten zuvor.  [mehr]

16.08.18 –

Rede zum LINKEN-Antrag Cannabis Social Clubs von Tobias Dondelinger im Stadtparlament

Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher, sehr geehrte Damen und Herren,

für uns GRÜNE ist eine Legalisierung von Cannabis ein Ziel, das unsere Gesellschaft in vielerlei Hinsicht zu einer besseren  machen würde. Und ich persönlich bin davon ebenfalls absolut überzeugt.
Ich kenne nämlich ein paar Leute, denen würde es heute definitiv besser gehen, wenn Cannabis schon vor 15, 20 Jahren legal und kontrolliert erhältlich gewesen wäre.

Ein Vorteil einer solchen Abgabe ist zum Beispiel, dass die Konsumierenden eben nicht Dealern gegenüber stehen, die nur auf Profitmaximierung aus sind, sondern auch darauf, ob es verantwortbar ist, Cannabisprodukte an jemanden abzugeben. Wenn beispielsweise jemand mit einer bestehenden Psychose dauerhaft stark konsumiert, dann kann sich das im ungünstigen Fall auf den Rest seines Lebens auswirken. Das passiert nicht, wenn die Abgabe einer öffentlichen Kontrolle unterworfen wird und die Abgebenden so strafrechtlich verfolgbar sind.

Die Tatsache, dass der aktuell noch kriminalisierte Handel mit Cannabis in Deutschland der reinen Gewinnmaximierung der Anbieter unterworfen ist, führt auch dazu, dass diese  immer mal gerne versuchen, bei ihren Kunden auch Produkte abzusetzen, die noch höhere Margen und eine stärkere Kundenbindung erzielen, also harte Drogen. Und  das kann sehr viel tiefgreifende, langrfistige Folgen für die  Konsumierenden haben.
Wie gesagt, das sind keine abstrakten Beispiele, sondern das betrifft Freunde von mir und deshalb bin ich vollkommen sicher und klar darin, dass wir eine realistischere und weniger ideologische Drogenpolitik brauchen. Kurz noch, weil ich eine Pressemeldung der Freien Wähler wahrgenommen habe: Ja, Cannabis ist eine Einstiegsdroge, aber nur, weil der  Markt vollkommen unreguliert ist und sich selbst überlassen wird. Wir müssen diese  sinnlose Prohibition beenden, denn nur so können wir die sinnvollen Verbote gegen harte Drogen auch vernünftig durchsetzen.

Die Polizist*innen und Staatsanwält*innen, die das verfolgen müssen, würden sich viel lieber echten Sicherheitsaufgaben und Rechtsfragen zuwenden und nicht so eine Beschäftigungstherapie betreiben. Lesen sie dazu gerne mal Stellungnahmen der Polizeigewerkschaft.
Dadurch, dass wir einen riesigen Markt für kriminelle Strukturen schaffen, betreiben  wir sowas wie ein Konjunkturprogramm für die organisierte Kriminalität. Wer sich mal ein bisschen mit der Geschichte der Mafia in den USA befasst hat,  wird wissen, wie sehr die Alkoholprohibition in den 1920er Jahren den Aufstieg von Al Capone und Co gefördert hat. Wer sinnlose Prohibitionen beendet, gräbt diesen Leuten das Wasser ab und sorgt so für mehr Sicherheit, auch in Offenbach.

Um das nochmal zusammenzufassen: Wir GRÜNEN wollen den Schwarzmarkt in diesem Bereich austrocknen und die Kriminalisierung der Konsumierenden beenden. Wir wollen das Risiko für die  Konsumierenden mindern und die Prävention im Bereich harter Drogen stärken. Deswegen setzen sich die GRÜNEN auf Bundesebene auch beharrlich und aktiv dafür ein, das Verbot von Cannabis zu beenden.
Ich persönlich  muss ehrlich sagen, ich habe für Leute, die da ideologisch motiviert nicht drüber sprechen wollen, wenig Verständnis. Ich denke in einigen Jahren, schlimmstenfalls Jahrzehnten wird die Geschichte zeigen, dass wir da auf der richtigen Seite standen.
Allerdings wird diese Geschichte nicht hier und heute ihren Ausgangspunkt nehmen, denn während das Anliegen ein sehr gutes ist, ist der vorliegende Antrag bestenfalls eine Schaufenstergeschichte, schlimmstenfalls aber gefährlich für unser grundlegendes Ziel. Das Gegenteil von „Gut“ ist „gut gemeint“, das trifft hier zu wie selten zuvor.
Wenn wir diesen Antrag so beschließen würden, dürfte hier in Offenbach trotzdem niemand legal Cannabis konsumieren . Wir hätten aber unsere Verwaltung sehr umfassend beschäftigt und schlimmstenfalls für Jahre in Gerichtsverhandlungen mit höheren Verwaltungsebenen verwickelt. Was ein solcher Antrag  mit einem Thema macht, ist klar: Das ist auf Jahre vor Ort „verbrannt“ und keiner traut sich mehr daran. Dafür ist das zu schade. Dann doch lieber seriös angehen, wenn die Zeit und die Mehrheiten für eine solche seriöse Herangehensweise gegeben sind.
Ganz kurz dazu, warum ich diesen Antrag nicht seriös finde. So ziemlich alles, was da drinsteht, widerspricht der geltenden Rechtslage. Ich fände es zum Beispiel auch sehr reizvoll, per Vereinssatzung den Besitz von bis zu 6 Gramm Cannabis zu legalisieren, aber das gibt unser Recht und unsere Rechtsprechung nicht her.
Sie wollen den gesamten Antrag retten, indem Sie auf einen Absatz im Betäubungsmittelgesetz verweisen, der den Umgang mit Cannabis erlaubt, wenn ein „anderer im öffentlichen Interesse liegender Zweck“ vorliegt.
Sie machen es sich da einfach und sagen, dieser Zweck sei gegeben, weil eine Legalisierung von Cannabis aus vielen, z.B. den von mir genannten Gründen, im öffentlichen Interesse sei. Der Gesetzgeber sieht das derzeit offensichtlich noch anders, sonst würde er seiner vornehmsten Aufgabe nachkommen, dem öffentlichen Interesse entsprechen und Cannabis generell von der Prohibition ausnehmen. Sie glauben doch nicht, dass irgendeine Verwaltung oder irgendein Gericht ihrer mehr als dünnen Argumentation folgen würde. So funktioniert das nicht. Die Prohibition muss auf Bundesebene beendet werden, nicht durch eine „grassroots“-Bewegung in den Städten. So eine „grassroots“ Bewegung etwas anderer Art gibt es ja eh in jeder Stadt und fast jedem Dorf und die Lebenspraxis zeigt, dass man grundsätzlich nicht lange suchen muss, wenn man weitgehend ohne  Risiko sein eigenes kleines Modellprojekt starten will.
Noch zwei Worte zu Ihrem Hinweis, es gäbe solche Projekte ja auch in der Schweiz und in Spanien. Soll ich Ihnen sagen, was der Unterschied zwischen Offenbach und Städten in der Schweiz und in Spanien ist: Offenbach liegt in Deutschland und ist damit deutscher Gesetzgebung unterworfen. Ich würde ja jetzt auch nicht um die Ecke kommen und eine Volksabstimmung zu einem bestimmten Thema beantragen, nur weil es dieses  Instrument im Schweizer Recht gibt oder zur quasi legalen Besetzung von leerstehendem Wohnraum aufrufen, weil man sowas in Spanien darf.

Also lassen wir auch die Cannabis Social Clubs den Schweizern und Spaniern. Und lassen wir unsere Verwaltung ihre Energien in praktikable Projekte lenken und vielleicht lenken Sie Ihre Energien auch dahin, dass die Parteien, die die Prohibition beenden wollen, bald eine Mehrheit haben, die das dann auch umsetzt. Und lassen Sie es sein, guten Zielen schlechte Dienste zu erweisen.
Wir können diesem Antrag nicht zustimmen.

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