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11.12.20 –
Rede unserer Fraktionsvorsitzenden Ursula Richter zum Haushalt 2021
Herr Stadtverordnetenvorsteher, Kolleginnen und Kollegen,
heute beschließen wir den letzten Haushalt in dieser Koalition. Ein Haushalt stellt immer eine Prioritätensetzung dar aber dieses Jahr wurden all unsere Prioritäten über den Haufen geworfen
2020 war ein Jahr, das uns noch lange nachhängen wird: 2020 war vor allem ein Jahr der Krise für das öffentliche Gesundheitssystem. Das Gesundheitsamt ist der Dreh- und Angelpunkt in der Corona-Krise. Nur, wenn wir die Infektionszahlen in den Griff kriegen, können wir die Folgen der Pandemie abmildern. Das gilt für die gesundheitlichen, sozialen und auch wirtschaftlichen Folgen.
Unsere grüne Gesundheitsdezernentin hat dafür gesorgt, dass das städtische Gesundheitsamt schnell und unbürokratisch die dringend notwendige personelle Unterstützung bekommt.
Das Gesundheitsamt ist mit rund 30 Mitarbeiter*innen in die Pandemie gestartet. Stand jetzt arbeiten rund 90 Leute sieben Tage die Woche. Und sprichwörtlich rund um die Uhr. Das sind Soldaten, Beamte aus der Landesverwaltung, neu eingestellte Mitarbeiter*innen und abgeordnete Kolleginnen und Kollegen aus SOH und Stadt. Es läuft bereits eine neue Einstellungsrunde, so dass bald über 100 Beschäftigte im Gesundheitsamt arbeiten werden.
Herr Stadtverordnetenvorsteher, Kolleginnen und Kollegen,
Vor vier Jahren stand ich hier und habe über fast eine Milliarde Euro Schulden unserer Stadt gesprochen. Das ist noch gar nicht so lange her, fühlt sich aber schon weit weg an. Denn dann kam die Hessenkasse. Durch sie sind wir einen immensen Teil unserer Schulden, die Kassenkredite, losgeworden. Dies bedeutet unter anderem, dass wir jährlich nicht mehr 30 Millionen Euro Zinsen zahlen, sondern nicht mal mehr die Hälfte und das Risiko steigender Zinsen uns nicht mehr so sehr umtreiben muss.
Der Kämmerer weist – zu Recht natürlich – darauf hin, dass wir zwar noch nicht 2021, aber schon im Folgejahr anfangen müssen unseren jährlichen Schuldendienst mit mindestens 3,1 Millionen Euro zu leisten.
Meine Damen und Herren, Herr Stadtverordnetenvorsteher,
2016 habe ich auch davon gesprochen, dass das Land und der Bund uns zwar an vielen Stellen helfen, aber noch lange nicht Konnexität erreicht ist. Das ist bis heute so, es ist aber besser geworden: Die Kosten der Unterkunft steigen in 2020 auf 56 Millionen Euro, der Bund beteiligt sich nun mit über 60 Prozent und gibt 33 statt 21 Millionen dazu. Immerhin.
Vor knapp zwei Jahren stand ich hier zur Haushaltsrede und habe mich gefragt ob aus der Arrival City nun eine Stadt wird, die bald aus allen Nähten platzt. All die Kitaplätze, Schulen, Verkehre? Wie bekommen wir unsere Wachstumsschmerzen in den Griff und wo liegen die Grenzen des Wachstums, die Grenzen des Leistbaren?
Weil es keinen anderen Weg gab um alles, was wir leisten müssen, auch zu bezahlen, mussten wir die Grundsteuer um 395 Punkte erhöhen. Wir haben damals versprochen, dass wir jährlich prüfen werden, ob die Grundsteuer wieder sinken kann. Dieses Versprechen war mehr als Rhetorik, 2021 werden wir die Grundsteuer um 100 Punkte senken können. Also 10 % weniger Grundsteuer für alle Offenbacherinnen und Offenbacher, für Mieter*innen, Eigenheimbesitzer*innen und für Unternehmen. Ob das eine kleine Finanzhilfe für die Krisenzeit ist, ob es dauerhaft dabei bleibt, oder ob die Grundsteuer sogar weiter sinken kann, wird die nächste Koalition sehen und entscheiden müssen.
Zu viele Unsicherheiten liegen hinter und vor uns mit der Coronakrise: Die Gewerbesteuer ist gerade jetzt, absolut keine verlässliche Größe. Ob wir in 2021 tatsächlich 70 Millionen Euro bei der Gewerbesteuer einnehmen, ist völlig offen und ich bin eher pessimistisch. Es bleibt zu hoffen, dass ein weiterer Finanzausgleich von Bund und Land kommt, aber auch das können wir jetzt noch nicht wissen. Immerhin steht schon fest, dass die Schlüsselzuweisungen des Landes 2021 deutlich steigen auf über 206 Millionen. Das ist ein ganz zentraler Einnahmeposten, der uns hilft die Grundsteuer für 2021 zu senken und die Bürger*innen in der Krise finanziell entlastet. Hier geht unser ausdrücklicher Dank an das Land.
Die Frage nach den Grenzen unseres Wachstums und wie wir eigentlich all das bezahlen, auf das die Offenbacher Anspruch haben, ist weiterhin drängend. Auch heute können wir nicht „die Pforten dicht machen“. Die Menschen drängen immer mehr in die Rhein-Main-Metropole und damit auch nach Offenbach. Wir können gegen dieses Problem nicht endlos anbauen und zusätzlich brauchen wir vor allem bezahlbare Wohnungen. Außerdem müssen wir dafür sorgen, dass bestehende Wohnungen in der Sozialbindung bleiben und alle Förderinstrumente dafür nutzen. Es ist gut, dass die städtische Wohnungsgesellschaft GBO hier ihre besondere Verantwortung annimmt und gut 850 öffentlich geförderte Wohnungen für die nächsten zehn Jahre sichert.
Herr Stadtverordnetenvorsteher, Kolleginnen und Kollegen,
in einer wachsenden Stadt wird nicht nur Wohnraum gebraucht sondern auch soziale Infrastruktur. Deswegen haben wir uns stark gemacht für ein neues Familienzentrum mit JUZ und 100 Hortplätzen im Lauterborn und konnten den Projektauftrag inzwischen an die OPG geben. 4,5 Millionen Euro Fördermittel werden abgerufen.
In diesem Jahr haben wir besonders eindrücklich gesehen, wie wichtig eine verlässliche Kinderbetreuung ist und wie sehr Familien, vor allem Frauen, auf diese angewiesen sind. Wenn wir wollen, dass Frauen arbeiten können, dass sie für sich vorsorgen und dass sie ihre Familien versorgen können, dann müssen wir weiter Betreuungsplätze schaffen und Geld dafür bereitstellen. Der Betreuungsauftrag ist eine Verantwortung, die wir ernst nehmen. In diesem und im kommenden Jahr wurden und werden -Stand heute - bereits 120 Krabbelplätze und mehr als 40 Kindergartenplätze geschaffen.
2021 fallen allein 54,4 Millionen Euro an Betriebskostenzuschüssen für die Kitas an. Tendenz weiterhin steigend, denn wir brauchen noch viel mehr Krabbel-, Kindergarten- und Hort-Betreuung, Dazu kommen noch die Kosten für Kita-Bauten, wie z.B. in Bieber-Nord. Mit den Sanierungen bestehender Kitas sind wir zum Glück durch. Für „kleinere“ Reparaturen stellt die Koalition seit dem letzten Haushalt 500.000 Euro zur Verfügung.
Für den Ausbau der Kapazitäten werden auch Räumlichkeiten in Investitorenvorhaben vorgesehen, die wir dann anmieten. Damit müssen wir den Bau nicht aus unseren Investitionen finanzieren. Gerade wird das Goethequartier fertiggestellt und eine neue Kita für rund 100 Kinder zieht bald ein. Und zum Glück gibt es auch neben dem EKO noch viele freie Träger, die dabei helfen Plätze zu schaffen. So die Freireligiöse Gemeinde in Rumpenheim, die jüngst für 35 Kinder neue Betreuungsplätze zur Verfügung gestellt hat oder die Freireligöse Gemeinde im Erlenbruch ab Januar mit 24 neuen Krabbelplätzen. Doch dann fehlen immer noch – Erzieherinnen und Erzieher.
Was tun wir dafür?
Erstmals gibt es verschiedene duale Ausbildungsformate. So wird aus einer fünfjährigen unbezahlten schulischen Ausbildung, eine praxisintegrierte bezahlte Ausbildung. In Kooperation mit der Käthe-Kollwitz-Schule kommen die Auszubildenden direkt in der Kita zum Einsatz, verdienen Geld und stehen den Kindern unmittelbar zur Verfügung.
Zusätzlich werden die Arbeitsbedingungen verbessert: Alle Stellen sind unbefristet ausgeschrieben, es gibt Jobtickets, Fortbildungen undundund. Das alles wird noch zusätzlich durch Marketingmaßnahmen wie z.B. Werbefilme für den Traumjob „Erzieherin“ begleitet. Der EKO hat damit die wohl umfangreichste Fachkräfteoffensive innerhalb der Verwaltung und Eigenbetriebe gestartet.
Herr Stadtverordnetenvorsteher, Kolleginnen und Kollegen,
in den letzten vier Jahren ist so viel Geld wie nie zuvor in den Schulbereich geflossen. Wir haben etwa 160 Millionen Euro in dieser Legislatur bereitgestellt, davon über 70 Millionen in 2021.
Hinzu kommt seit 2017 eine Pauschale von 2 Millionen Euro für allgemeine Sanierungsmaßnahmen, damit dringende Bedarfe schnell und unkompliziert gelöst werden können. Jede Schule würde gerne durchsaniert werden – aber ist es nicht besser jetzt kein stinkendes Klo mehr zu haben oder die Akustik zu verbessern, statt auf eine Komplettsanierung in X Jahren zu warten? Ich denke, deshalb war der Schritt die Schulbausanierungsliste zu beerdigen 2017 richtig.
Im Moment werden vor allem die weiterführenden Schulen erweitert und saniert, ein Kraftakt, allein die Edith-Stein-Schule kostet 2021 über 14 Millionen. Hinzu kommen noch Mathildenschule und Geschwister-Scholl-Schule.
Weitere notwendige Komplettsanierungen mussten im Haushalt einer anderen Dringlichkeit weichen: Nämlich der Tatsache, dass wir Schulplätze brauchen um schulpflichtige Kinder beschulen zu können. Deshalb finden sich allein in 2021 fast 20 Millionen Euro für drei neue Grundschulen in Bieber-Nord, an der Ernst-Reuter-Schule und an der IGS Lindenfeld [1] und ab dem Folgejahr rutscht auch noch ein neues Gymnasium am Güterbahnhof in die Investitionsliste.
Dass wir nicht genug Geld für alle notwendigen Investitionen und Sanierungen haben, sehen wir auch an der Fröbelschule. Mit der alten Schulsanierungsliste hätte die Fröbelschule eigentlich schon 2015 fertig sein sollen, in späteren Fortschreibungen rechnete man dann mit 2016. Auch im Haushalt 2017 war sie noch mit 24,5 Millionen veranschlagt. Dann mussten unsere Dezernenten feststellen, dass die Zahl der Kinder in der Stadt nicht mit der Zahl der Kitas und Schulen korreliert. Und der Asbestfund in der Edith-Stein-Schule hat die Sache auch nicht leichter gemacht, sondern alle Pläne weiter über den Haufen geworfen. Ich bin mir sicher: In Eigenregie hätten die SchülerInnen und LehrerInnen noch viele Jahre auf den Neubau warten können, gerade in unserer Finanzlage und mit den wachsenden Schülerzahlen, für die wir neue Schulen brauchen. Ich weiß, dass manche der alten Schulbausanierungsliste heute noch nachtrauern, warum ist mir ein Rätsel.
Daher haben wir für die Fröbelschule einen anderen Weg beschritten, damit sie in unseren Investitionen eben nicht im zweistelligen Millionenbereich auftaucht, sondern „nur“ 3 Millionen Euro in 2021 und 22 anfallen. Das öffentlich-öffentliche Verfahren ist nicht unkompliziert und voraussichtlich wird es nicht ganz so schnell gehen wie anfangs gehofft. Aber es verschafft unserem Investitionshaushalt jede Menge Luft für andere „Kleinigkeiten“ wie das Gymnasium und drei neue Grundschulen.
Dieses Jahr hat uns auch vor Augen geführt, wie wichtig die Schulen und Bildung für unsere Kinder und ihren Alltag sind.
Herr Stadtverordnetenvorsteher, Kolleginnen und Kollegen,
Zahlreiche Bauprojekte haben wir in den letzten 5 Jahren kritisch begleitet und oft genug den Baudezernenten gehörig genervt. Herr Weiß weiß sicher ein Lied davon zu singen.
Mit dem Ziel:mehr Grün in der Stadt, durch Parks, Dachbegrünung und vieles mehr.
Mit dem Ziel: Wohnraum für alle: Sozialwohnungen, barrierefreier- und rollstuhlgerechter Wohnraum und gemeinschaftliche Wohnprojekte.
Mit dem Zielhöherer energetischer Standards.
Mit dem Ziel einer Verkehrswende durch e-Mobilitätslösungen und gemeinschaftliche Fahrzeuge, durch weniger PKW- und mehr attraktive Fahrrad-Abstellplätze.
Und nicht zuletzt mit dem ZielInvestoren in die Pflicht zu nehmen nicht nur Profite aus dem Wohnungsbau abzuschöpfen. All das spart uns, spart der Stadt eine Menge Geld. Und vieles ist Klimaschutz im Kleinen, hier bei uns, vor Ort.
Und mit dem Ziel für die Bürgerinnen und Bürger das Beste aus der dichter werdenden Stadt herauszuholen.
Wir haben in diesem Jahr den Aufstellungsbeschluss für eine Bebauung in Bieber-Waldhof-West auf den weiteren Weg gegeben. Ein Gebiet, gegen das wir uns lange gesperrt haben und bei dem wir weiterhin sehr genau auf die ökologischen Belange schauen werden. Der vorgelegte Entwurf für einen innovativen Stadtteil, mit neuen Mobilitätsangeboten, gemeinschaftlichem Wohnen und sozialem Wohnungsbau hat unsere Fachleute überzeugt. Bis sich das Baugebiet in den Haushaltszahlen wiederfindet, wird es noch eine ganze Weile dauern, aber es wird sich hoffentlich nicht so stark bemerkbar machen. Denn in Waldhof-West wird erstmals ein neues Modell zur Finanzierung der Infrastruktur zum Tragen kommen, die kooperative Wohnbaulandentwicklung. Ich bin hoffnungsvoll, dass sich diese grüne Initiative für Offenbach auszahlen wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Herr Stadtverordnetenvorsteher,
In großer Einigkeit haben wir beschlossen die Innenstadt neu zu beleben, den Händlern in ganz Offenbach zu helfen und unser Image aufzupolieren. Hier fällt es allen leicht an einem Strang zu ziehen und Geld bereitzustellen. In 2021 sind es über 700.000 Euro für Stadtmarketing[2] und eine Stelle für die Umsetzung des Zukunftskonzepts Innenstadt.
Zum Sozialpaket der Linken: Über die einzelnen Maßnahmen ließe sich vieles sagen, manches ist vielleicht keine schlechte Idee, manches passiert längst, über anderes schüttele ich den Kopf. Außerdem gibt es dafür auch keine Finanzierung.
Und noch ein Punkt stört mich gewaltig. Die Linke versucht hier einen harten Gegensatz zwischen Wirtschaft und Sozialem zu konstruieren. Beides gehört aber zusammen, deshalb hat die KOA ein Konjunkturpaket mit 3,6 Millionen Euro vorgelegt, das eben nicht nur Wirtschaft, sondern auch über eine halbe Million für die soziale Komponente vorsieht. Mittel für Migrantenvereine, für soziale Beratungsangebote, für Kinder, Jugendliche, Seniorinnen und Senioren, die von Hartz-IV oder Grundsicherung leben.
Dieses Konjunkturpaket zeigt auch: Wenn alle gemeinsam etwas wollen, dann geht‘s. Das ist ein gutes Signal, das auch Außenstehende wahrnehmen.
Eine ebenso große Einigkeit würde ich mir auch beim Klimaschutz wünschen. Wir werden heute auch das Klimaschutzkonzept 2035 beschließen, das immerhin durch unsere Initiative mit 200.000 Euro jährlich finanziert wird. Klimaschutz ist und bleibt unser Herzensanliegen. Es ist aber nicht einfach nur ein grünes Herzensanliegen die Umwelt zu schützen. Die Coronakrise hat gezeigt, wie wichtig der Klima- und damit auch der Artenschutz ist. Und dass beides notwendig ist um solche Pandemien zu verhindern. Die Coronakrise hat auch gezeigt, dass schier nichts unmöglich scheint. Darum denke ich weiterhin, dass es möglich ist, das Klima zu retten und dass wir alles dafür tun müssen.
Herr Stadtverordnetenvorsteher, Kolleginnen und Kollegen,
Ein Thema, das alle meine Haushaltsreden seit 2016 begleitet, sind die Spielplätze. Hier sind wir noch lange nicht so weit, wie ich es mir wünschen würde. Aber wir haben zugelegt. Zwischen 2012 und 2016, das heißt in fünf Jahren, wurden gerade mal vier Spielplätze saniert. Mittlerweile sind wir bei 2 bis 3 Spielplätzen pro Jahr. 2021 wird der Spielplatz D’Orville Park umgesetzt, außerdem der Bolzplatz Kurt-Tucholsky-Straße. Fünf weitere sollen beplant werden zur Umsetzung in 2022. Das halte ich für etwas zu optimistisch. Aber auch wenn es mir immer noch zu langsam ist, geht es jetzt deutlich schneller voran und das hat mit uns Grünen zu tun: Wir halten unsere Beschlüsse und Verabredungen nach. Mit Beharrlichkeit und auch damit, dass wir Leuten – Dezernenten und Ämtern –auf die Nerven gehen, schaffen wir es unsere Themen auf der Prioritätenliste ein Stück nach oben zu ziehen.
Heute stehe ich hier auch vor Ihnen zu meiner letzten Haushaltsrede, denn im kommenden Jahr werde ich nicht erneut für das Stadtparlament kandidieren. Und eine Sache gibt es, die mir auf den Nägeln brennt: Die Umsetzung unserer Beschlüsse hier im Stadtparlament. Wir fassen Beschlüsse, wir stellen die Mittel hier bereit. Aber wenn niemand in der Verwaltung die Aufgabe übernimmt und umsetzt, dann passiert nichts. Für meine Fraktion kann ich sagen, dass wir viel Zeit und Energie da rein stecken unsere Anträge nachzuhalten und beharrlich nachzuhaken, was daraus geworden ist. Gleichzeitig ist uns klar, dass die Verwaltung kein Beschäftigungsproblem hat. Das zeigt auch der Stellenplan für 2021: Rund 70 neue Stellen, von denen viele dringend gebraucht werden auch um gesetzliche Aufgaben zu erfüllen. Dennoch, allzu oft habe ich mich in meinen Jahren als Parlamentarierin schon dabei ertappt mich zu fragen: Wozu beschließen wir das überhaupt, wenn dem keine Taten folgen?! Berichte, die nicht vorgelegt werden, Beschlüsse, die versanden. Ich muss Ihnen sagen, das frustriert mich schon sehr. Wir als Parlamentarier müssen dranbleiben und die Umsetzung einfordern, was eigentlich selbstverständlich ist. Vielleicht braucht es auch hier ein Controlling.
Herr Stadtverordnetenvorsteher, Kolleginnen und Kollegen,
der größte Posten im Haushalt, das ist das Personal. Der größte Posten im Haushalt ist gut angelegtes Geld, es sind die Menschen, die unsere Stadt am Laufen halten, die Verwaltung mit derzeit 1024 Mitarbeiter*innen, die über 83 Millionen Euro kosten. In den vergangenen Jahren haben wir kontinuierlich Stellen geschaffen. Und wie bei den Investitionen zeigt sich: Es reicht trotzdem hinten und vorne nicht, es gibt weiterhin Bedarfe, die offen bleiben und jedes Jahr stöhnen die Dezernate, dass sie eigentlich noch viel mehr Personal bräuchten, beispielsweise im Umweltamt, im Bauamt, aber auch in Sozial- und Jugendamt.
Ein weiteres Problem ist, dass in der nächsten Zeit eine ganze Reihe von Beschäftigten aufgrund Rente ausscheiden. Diese müssen wir ersetzen. Deshalb unterstützen wir sehr, dass im kommenden Jahr 24 Azubi-Stellen geschaffen werden, wir brauchen dringend Nachwuchs. Der Oberbürgermeister entwickelt derzeit eine Personalstrategie 2025 – eine sinnvolle Idee angesichts der Verrentungswelle. Wichtig ist uns dabei auch, dass die Offenbacher Verwaltung mehr Ähnlichkeit mit der Offenbacher Bevölkerung annimmt. Unsere vielfältige Gesellschaft muss sich in der Verwaltung spiegeln und wiederfinden. Das ist auch ein Baustein zur Integration und für den Zusammenhalt der Gesellschaft.
Noch ein Punkt, bei dem Corona die Kosten in die Höhe treibt oder den Anstoß gibt: Mobiles Arbeiten, Homeoffice und Digitalisierung.
In diesem Jahr haben wir beschlossen Mittel für Laptops bereitzustellen, aber auch in den kommenden Jahren braucht es dafür Mittel: 2 Millionen für die Digitalisierung von 2 Kilometern Bestandsakten, jährlich 2,5 Millionen für eine Datenverarbeitungsanlage, dazu kommen höhere Telefonkosten, mehr Geld für externe Dienstleistungen und und. All das sind Investitionen in die Zukunft, die unserer Verwaltung die Arbeit – hoffentlich – erleichtern werden.
Herr Stadtverordnetenvorsteher, Kolleginnen und Kollegen,
mir ist aufgefallen, in den letzten drei Jahren hat ein Thema zunehmend mehr Platz in meinen Haushaltsreden eingenommen: Der Öffentliche Nahverkehr, dessen Einnahmeverlust mit zunehmend größeren Beträgen in unserem Haushalt auftaucht. 2019 waren 1,5 Millionen Euro vorgesehen – dank der RMV-Fahrgastzählung mussten wir nicht mit Geld einspringen. 2021 sind 2,3 Millionen Verlust auszugleichen. Beim ÖPNV stiegen die Nutzerzahlen lange an. Aber dann kam Corona. Zum Glück übernimmt der Bund für 2020 alle Ausfälle bei den Ticketverkäufen. Ob sich das wiederholen wird, steht in den Sternen. Auch können wir heute nicht wissen, wie sich die Fahrgastzahlen entwickeln. Viele nutzen Homeoffice, müssen nicht mehr täglich ins Büro. Gleichzeitig gibt es einen sehr hohen Tarifabschluss für die Busfahrer*innen. Er sei ihnen gegönnt, reißt bei uns jedoch neue Löcher ins Budget. Es stimmt, voraussichtlich müssen wir für den öffentlichen Nahverkehr in den kommenden Jahren viel Geld ausgeben. Aber ich finde: Der Nahverkehr muss es uns wert sein. Wir Grünen sind froh, dass wir ein Nahverkehrsnetz mit enger Taktung und gut ausgebauten, barrierefreien Bushaltestellen haben. Im Herbst hat die Fortschreibung des Nahverkehrsplans begonnen, wir werben dafür weiterhin in den Öffentlichen Nahverkehr und damit in Daseinsvorsorge, Luftreinhaltung und Klimaschutz zu investieren.
Auch bei den Mobilitätsstationen e-Mio steigen die Nutzerzahlen. Seit Juni sind die ersten 30 Minuten mit dem Pedelec kostenlos. Seitdem haben sich die Nutzer- und Verleihvorgänge mehr als verdoppelt. Diese Entscheidung war richtig und zeigt, dass wir den Bedarf treffen. Verhaltensänderungen dauern, es gibt noch viel Potenzial, das Angebot muss weiter attraktiv ausgebaut werden.
Ein hier besonders umstrittenes Investment dürften wohl die E-Busse sein (bis heute verstehe ich nicht so richtig warum). Schon sehr bald werden die ersten mit der Fahrplanumstellung in diesem Monat durch Offenbach fahren. Liebe Sabine, der Wind bläst vor allem dir bei diesem Thema extrem ins Gesicht, ich bin sehr froh, dass du es dennoch so beharrlich verfolgst. Du hältst den Kurs und sorgst in der Pandemie bereits vor für nach der Krise: Die ersten 7 Elektrobusse sind da. Das Land fördert 40 Prozent der Mehrkosten für die ersten sieben Busse und die Ladeinfrastruktur mit insgesamt 5,2 Millionen Euro. Der Bund fördert 80 Prozent der Mehrkosten für insgesamt 29 e-Busse mit 8 Millionen Euro damit erhalten wir eine Förderung von insgesamt 13,2 Mio. Nach Abzug der Förderung verbleibt bei der OVB ein Eigenanteil von 12,7 Mio €. Zwar kostet uns die Umstellung auf E-Antrieb mehr, als wenn wir weiterhin mit Dieselbussen fahren. Aber wir rechnen gegenüber den Dieselbussen mit den Jahren schon auch mit Einsparungen und nicht nur im monetären Bereich, sondern auch und vor allem mit besserer Luft. Die E-Busse sind und bleiben ein zentraler Baustein im Luftreinhalteplan. Wir hätten sicher weniger gegen ein Diesel-Fahrverbot gehabt als manche*r hier, der oder die die E-Busse für unnötig halten. Aber nicht nur gute Luft ist ein wichtiger Pluspunkt, sie sind auch leiser und angenehmer im Betrieb als unsere bisherigen Busse. Ich freue mich sehr auf meine erste Fahrt im Elektro-Bus.
Ganz ähnlich habe ich mich vor drei Jahren an dieser Stelle über meine erste Fahrt durch die Senefelder Fahrradstraße gefreut. Ein zentrales Projekt für die verkehrliche Entwicklung unserer Stadt. Wegen des milden Oktobers wurden die Fahrradstraßen nun schneller fertig als gedacht und schaffen fahrradfreundliche Verbindungen durch die gesamte Stadt. Sie werden im kommenden Jahr ein letztes Mal im Haushalt auftauchen[3], denn sie sind überpünktlich fertig. Auch die Fahrradstraßen sind ein wichtiger Beitrag zu mehr Radverkehrsförderung und damit zum Klimaschutz und zu mehr Lebensqualität, zu sauberer Luft.
Herr Stadtverordnetenvorsteher, Kolleginnen und Kollegen,
2017 schrieb Herr Kirstein in einem Kommentar der OP zu den städtebaulichen Leitlinien
„Tansania beweist zunehmend Potenzial für positive Überraschungen“
In diesem Sinne möchte ich mich bei den KOA-Parteien, den FraVos und der Dezernentin und den Dezernenten für die gute Zusammenarbeit bedanken, diese KOA war nicht selbstverständlich und ganz sicher kein Selbstläufer und sie hat funktioniert.
Mein Fazit für diese Legislatur und die Weichen, die wir Grünen in der Koalition gestellt haben, fällt, wer hätte das gedacht, positiv aus.
Wir haben den Kita-Ausbau vorangetrieben mit einer Dezernentin, die neue Wege geht und pragmatische Lösungen findet. Gerade jetzt in der Gesundheitskrise hat sich gezeigt, wie wichtig diese Fähigkeit ist. Im Verkehrsbereich haben wir in den vergangenen fünf Jahren den Unterschied gemacht. Mit Fahrradstraßen, der Finanzierung des Öffentlichen Nahverkehrs, mit mehr Bussen und E-Mobilität. Das wäre ohne uns so nicht finanziert und durchgezogen worden. Und wir sind es, die dafür sorgen, dass Investoren nicht bloß Gewinne abschöpfen, sondern sich an Kita-, Schul- und vielen anderen Kosten beteiligen. Beim Wohnungsbau sind wir es, die auf Sozialwohnungen, Klimaschutz im Kleinen, Wohn- und Lebensqualität achten und drängen. Ohne uns wären diese Themen oft hinten runtergefallen.
Deshalb danke ich meiner Fraktion für die Unterstützung. Wir haben in den vergangenen Jahren diszipliniert gearbeitet und vieles auf den Weg gebracht. Es bleibt aber noch genug zu tun.
Nach meinen letzten Jahren im Parlament, in dieser Koalition, bin ich um einige Erfahrungen reicher und freue mich auf meinen weiteren politischen Unruhestand.
Ich bitte Sie um Ihre Zustimmung zum Haushalt 2021.
[1] 13,2 Mio für Grundschule mit Turnhalle und Kita in Bieber-Nord, 4,15 Mio für Grundschule am Standort Ernst-Reuter-Schule und 1,5 Mio für Grundschule Bachschule/Lindenfeld
[2] 515.000 Euro Stadtmarketing + 200.000 Euro Innenstadtmarketing
[3] Etwa 900.000 EUR Einnahmen und Ausgaben.
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