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22.09.19 –
Rede zum Antrag "Allen Einwohner*innen den Zugang zum Wohnungsmarkt vereinbaren" des Stadtverordneten Tobias Dondelinger im Offenbacher Stadtparlament
Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher, sehr geehrte Damen und Herren,
das Recht auf Wohnen ist ein Menschenrecht, aber leider haben auch hierzulande nicht alle Menschen die Möglichkeit, selbstbestimmt in der eigenen Wohnung zu leben. Die Gründe dafür sind unterschiedlich, aber wenn es um etwas so grundlegendes geht, wie Zugang zu adäquatem Wohnraum, dann muss gehandelt werden, wo Möglichkeiten und Wege gesehen werden, um den Betroffenen Perspektiven zu bieten. Unser Antrag tut dies. Wo wir Wege sehen, erkunden wir, ob sie gangbar sind. Wo möglich handeln wir unmittelbar.
Wenn es um das Thema Wohnen geht, sagen wir ja immer wieder, dass es sich dabei um ein sehr komplexes und vielfältiges Mosaik handelt, dass man nicht mit einem Kraftakt fertig kriegt, sondern wo man viele kleine Bausteine an den richtigen Stellen zusammenfügen muss, damit das am Ende ein Bild ergibt, mit dem wir zufrieden sein können. Wir sind noch lange nicht fertig, aber mit diesem Antrag legen wir gleich an mehreren Stellen neue Teile ins Bild.
Menschen, deren Lebensumstände sich geändert haben und die dadurch vielleicht eine kleinere Wohnung suchen oder eine barrierefreie, oder die vielleicht einen bestimmten Wohnungsschnitt brauchen, wollen wir wieder eine Unterstützung bieten. Eine Wohnberatungsstelle, wie sie bis 2011 beim Sozialamt verortet war, könnte hier Hilfestellung leisten. Allerdings ist zu prüfen, wo ihr Platz sein könnte und wie sie aufgestellt und finanziert wird. Der Hinweis darauf ist nicht nur im Bericht DS IIA-0049 enthalten, sondern auch im kommunalen Altenplan, S. 80, wo unter anderem zu lesen ist: „Dem Handlungsfeld – Beratung zum Wohnen im Alter – mehr Gewicht innerhalb der Kommunalverwaltung geben.“ Das tun wir hiermit. Wenn in Folge der Wohnberatung beispielsweise der Umzug aus zu groß gewordenen Wohnungen ermöglicht wird, hat dies auch für andere Suchende im Wohnungsmarkt den positiven Nebeneffekt, dass die vorhandenen Ressourcen effizienter genutzt werden können.
Menschen, die in Hilfeeinrichtungen wie dem Frauenhaus oder der Wohnungsnothilfe der Diakonie untergebracht sind, wollen wir verbindliche Perspektiven öffnen, aus ihrer als temporär gedachten Situation wieder in reguläre und dauerhafte Wohnverhältnisse zu kommen. Oftmals ist es diesen Menschen, so sehr sie sich auch bemühen, unmöglich, eine Wohnung zu finden, weil sie von Vermietenden häufig als riskante Mieter abgestempelt werden. Das kann aber nicht das Ende vom Lied sein!
Dass es eine freiwillige Selbstverpflichtung der Wohnungsbaugesellschaften gibt, macht es auch nicht besser, weil die Realität zeigt, dass für die Gesellschaften das Hauptaugenmerk auf der Freiwilligkeit, nicht auf der Verpflichtung liegt. Wir wünschen uns da eine verbindliche Vereinbarung. Natürlich werden dadurch keine neuen Wohnungen geschaffen und natürlich sind die Wartelisten der Wohnungsbaugesellschaften voll – ich stehe zum Beispiel auch auf einigen…
Aber im Gegensatz zu den Menschen, die versuchen aus einer Hilfeeinrichtung eine reguläre Wohnung zu finden, habe ich keinen „Makel“, der bei mir die Chancen krass mindert, zum Zug zu kommen. Für mich ist es Ok, wenn ich zugunsten von jemandem aus einer Hilfeeinrichtung auf den Listen nach hinten rutsche und ich denke, damit bin ich bei weitem nicht alleine.
Deshalb hoffe ich, dass die Stadt eine solche Vereinbarung ins Auge fasst…
Wenn man auf eine barrierefreie Wohnung angewiesen ist, aber keinen Rollstuhl braucht, gibt es aktuell das Problem, dass kaum geförderter Wohnraum in diesem Segment entsteht. Schlicht, weil es weder von Landesseite noch von Seiten der Kommune eine Förderung für Wohnungen nach DIN 18040-2 gibt. Das wurde uns dank dem IIA-Bericht 0049 klar und da wollen wir Abhilfe schaffen, zumal wir aus der Fehlbelegungsabgabe Haushaltsreste von etwa 2 Millionen Euro mitschleppen, die ja zweckgebunden sind und die wir gerne verausgabt sähen, um so bezahlbaren geförderten Wohnraum zu schaffen. Deshalb bitten wir die Verwaltung auch nochmal zu schauen, ob im Offenbacher Förderprogramm „Zum Ankauf von Belegrechten in Offenbach am Main“ weitere Anreize für Immobilienbesitzer geschaffen werden können, Belegungsrechte an Mietwohnungen zu verkaufen. Aktuell ist die Situation ja so, dass die Ämter bei jedem städtebaulichen Vertrag und bei jeder Baumaßnahme, wo wir Zugriff haben, hart verhandeln müssen, damit überhaupt geförderter Wohnraum entsteht. Es ist im aktuellen Marktumfeld schlicht nicht interessant für Bauherren und Immobilienbesitzer, den Mietpreis auf lange Frist auf einen bestimmten Betrag festzulegen. Aber der bezahlbare Wohnraum wird jetzt gebraucht.
Wir wissen: Wo der zu verteilende Wohnraum knapp ist, wird es schwer, für diejenigen, die am Markt eher benachteiligt sind. Deshalb erkennen wir auch die Verantwortung, weiteren Wohnraum, weiteren bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und arbeiten auch hieran beständig. Aber solange diese Effekte nicht wirksam werden, müssen wir auch weiter darum kämpfen, dass auch benachteiligte Menschen nicht automatisch Verlierer*innen beim Wettbewerb um Wohnraum sind. Wir freuen uns, hier konkrete und realistische Vorschläge machen zu können.
Mit der Begründung, warum wir die Ergänzungen der Linken ablehnen mache ich es heute ganz kurz: Die Vertreter*innen der Linken scheinen ja ohnehin nicht zuzuhören, wenn wir unser Handeln erklären. Anders ist es jedenfalls nicht zu verstehen, dass Sie Anträge oder Antragsteile, die sie genauso schonmal gestellt haben, hier wieder in den Raum werfen. Zu „Vermiete doch an die Stadt“ steht meine Rede auf der Homepage der GRÜNEN Offenbach. Ganz kurz: Offenbach ist nicht Viernheim! Die Strukturbedingungen sind unterschiedlich, deshalb ist die Übertragbarkeit sehr fraglich. Und zur Tauschbörse: Das scheint mir vor allem eine sehr komplizierte, Kopfgeburt zu sein, dann noch eine Online-Tauschbörse, was anderswo auch nicht klappt und irgendwelche Ansprüche an die Tauschbedingungen, die einen Effekt, außer dass die Verwaltung mehr zu tun hat, nicht erwarten lässt. Das hilft niemandem.
Ich fasse nochmal kurz unseren Antrag zusammen: Mit unserem Paket an Vorschlägen und Maßnahmen öffnen wir Perspektiven und ermöglichen es mehr Offenbacherinnen und Offenbachern, ihr Menschenrecht auf eine Wohnung in Anspruch zu nehmen.
Wir Menschen, die Schwierigkeiten haben in reguläre Wohnverhältnisse zurückzukehren. Wir unterstützen Personen, die sich verändern wollen oder müssen und wir sorgen dafür, dass mehr bezahlbarer Wohnraum entsteht, barrierefrei und nicht und dass die dafür verfügbaren Mittel abgeschöpft werden. Wir freuen uns deshalb auf die Umsetzung und die Prüfberichte.
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