Tarek Al-Wazir: Konsequenzen aus dem Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 10. Oktober 2011 in Sachen Nachtflugverbot am Frankfurter Flughafen

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sowohl der Ministerpräsident Bouffier als auch der Fraktionsvorsitzende der CDU halten diese Landtagssitzung für überflüssig.

(Zuruf des Abg. Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU))

– Herr Kollege, ich finde, dass das gegenüber den Belastungen der Bürgerinnen und Bürger, gegenüber den Sorgen und Nöten eine unerträgliche Ignoranz ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU))

– Herr Wagner, ich weiß, Sie kriegen gar nichts mit, aber dann sage ich es halt dem Herrn Bouffier. Ich will Ihnen vielleicht einmal die Geschichte der letzten Nacht erzählen. Ich bin nach Hause gekommen und habe mich gewundert, warum es auf einmal so leise ist, weil ich die ganze letzte Woche, jedenfalls vorher, ziemlich viel Lärm hatte – zusätzlichen Lärm, den es vorher nicht gab.

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Ich habe dann gemerkt, dass Ostwind ist. Ich gebe zu, ich habe mich kurz über diesen Ostwind gefreut und habe nachher gedacht: „Was ist das für eine perverse Situation, dass ich mich über den Ostwind freue und in derselben Zeitin Flörsheim die Tassen im Schrank wackeln?“

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin dann eingeschlafen und um 4:57 Uhr aufgewacht. Das mag ein Zufall gewesen sein, dass ich um 4:57 Uhr aufgewacht bin, aber ich konnte ohne Öffnen der Augen sagen, dass sich der Wind gedreht haben muss. Ich habe nachher nachgeschaut: Es war die US Airways 700 aus Philadelphia. Herr Bouffier und Herr Wagner, Sie haben nur über die Vergangenheit geredet. Sie haben für die Bürgerinnen und Bürger, die jetzt zusätzlich belastet sind, keine einzige Antwort.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Die Situation ist die, dass wir seit vorletztem Freitag, seit der Eröffnung der neuen Nordwestbahn, in der Rhein-Main-Region dramatische zusätzliche Belastungen durch Fluglärm haben. Die südlichen Stadtteile von Frankfurt, die Innenstadt von Offenbach, Teile des Main-Taunus-Kreises, ein Gebiet vom Main-Kinzig-Kreis bis hinüber nach Rheinland-Pfalz sind in unterschiedlichem, aber bisher nicht bekanntem Maße vom Fluglärm betroffen. Teile der Stadt Flörsheim sind bei Ostwind aus meiner Sicht faktisch unbewohnbar geworden. Meine sehr verehrten Damen und Herren, dann überlegen Sie sich noch einmal, ob Sie diese Debatte wirklich für überflüssig halten können.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Manche Bürgerinnen und Bürger haben erstmals eine Belastung durch Fluglärm, andere haben eine höhere Belastung als bisher. 14 Jahre nach Beginn der Diskussion über einen erneuten Ausbau des Flughafens erleben viele, was die bisher abstrakte Zunahme des Lärms real heißt. Ich nehme wahr, dass die Menschen entsetzt sind. Teilweise fallen sie sogar in eine Art Schockzustand. Ich höre immer wieder: Es ist noch schlimmer, als wir zuvor befürchtet hatten.

Das hat alles nichts mit der Zeit zwischen 23 und 5 Uhr und nichts mit der Debatte über das Nachtflugverbot zu tun, sondern es sind die Folgen eines Ausbaus, der zum Ziel hat, den Frankfurter Flughafen, der mitten in einem der am dichtesten besiedelten Regionen und in einem der am dichtesten besiedelten Ballungsräume Deutschlands liegt, zum größten Flughafen Europas zu machen. Wir hielten das immer für falsch, weil der Flughafen unserer Ansicht nach aufgrund der Stelle, an der er liegt, die Grenzen des Wachstums schon lange erreicht hatte.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Sie würden doch keinen Flughafenausbau in Deutschland unterstützen! Sie wären immer dagegen!)

– Herr Wagner, sehen Sie, Sie sind ein Flughafenexperte, der nicht wahrgenommen hat, was in Berlin passiert ist, und der nicht wahrgenommen hat, was in München passiert, sondern Sie sind jemand, der einen Flughafen mitten in einem Ballungsraum immer weiter ausbauen will.

(Zuruf des Abg. Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU))

Herr Kollege Wagner, ich finde es sehr interessant, wie sehr Sie sich heute entlarven.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Unserer Ansicht nach ist dieser Flughafen in der Mitte des Ballungsraums jetzt endgültig über die Grenzen des Wachstums hinausgegangen. Er hat sie überschritten.

Die aktuelle Flut an Briefen, Anrufen und E-Mails, in der sich Empörung und Entsetzen äußern, spricht für sich. Manche Menschen – am drastischsten ist das in Flörsheim – haben das Gefühl, dass man ihnen die Heimat nimmt und dass sie aus ihrer Heimat vertrieben werden.

Wir verkennen nicht, dass seit der ersten Forderung der Lufthansa nach einem neuerlichen Ausbau des Flughafens vier Landtagswahlen stattgefunden haben. Bei jeder dieser Wahlen haben die Ausbaubefürworter der CDU, der SPD und der FDP über 75 Prozent der Stimmen bekommen. Etliche derer, die jetzt von der zusätzlichen Einflugschneise oder von der Verschiebung der Gegenanflugstrecken betroffen sind, haben den Flughafenausbau lange befürwortet, da sie die Konsequenzen nicht erkennen wollten oder konnten.

Ich sage an dieser Stelle gerade nicht: „selbst schuld“, sondern ich weise die Abgeordneten der CDU und der FDP darauf hin, dass auch Menschen betroffen sind, von denen Sie in dieses Parlament gewählt wurden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie sollten sie endlich ernst nehmen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Seit Sonntagabend gilt erstmals ein absolutes Nachtflugverbot. Das Mediationsverfahren wird in seinem Erfolg oder Misserfolg von uns hier unterschiedlich bewertet. Hinsichtlich des absoluten Nachtflugverbotes waren wir uns allerdings anfangs einig. Im Mai 2000 hat dieses Parlament einstimmig beschlossen, dass es ein absolutes Nachtflugverbot geben muss. Sie haben sogar immer davon gesprochen, dass das die Bedingung für den Ausbau sei.

Ich habe die markigen Worte von Roland Koch noch im Ohr. Ich habe aber auch noch die Äußerung des Jörg-Uwe Hahn im Ohr, der gesagt hat, es handele sich um zwei Seiten ein und derselben Medaille. Jetzt gehört derselbe Jörg-Uwe Hahn einer Regierung an, die gegen die Erfüllung des von ihm gegebenen Versprechens klagt. Das ist doch verrückt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Wir haben im letzten Jahr in dieser Republik viel über den sogenannten Wutbürger gesprochen. Wer wissen will, wie das Phänomen Wutbürger entsteht, der muss die Geschichte des Mediationsverfahrens am Frankfurter Flughafen, die Entwicklung des Nachtflugverbots und den Wortbruch der CDU und der FDP im Hessischen Landtag betrachten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Zuerst gab es nämlich das hochheilige Versprechen: Wir belasten euch mehr am Tag, aber dafür gibt es wenigstens sechs Stunden Ruhe in der Nacht. – Dann fingen die ersten Lobbyisten an, Schwarz-Gelb neue Parolen ins Ohr zu flüstern. Herr Kollege Schäfer-Gümbel hat den berühmten parlamentarischen Abend der Lufthansa Cargo schon erwähnt. Herr Boddenberg hat sich damals sehr deutlich geäußert. Lang, lang ist es her.

Diese Regierung hat 2007 ihr Versprechen gebrochen: Sie hat den Ausbau und durchschnittlich 150 Nachtflüge zwischen 22 und 6 Uhr genehmigt, davon 17 Flüge in der vorher geradezu zum Heiligtum erklärten Mediationsnacht zwischen 23 und 5 Uhr. Der Grund waren die Einflüsterungen der Luftverkehrswirtschaft. Die Begründung war damals natürlich eine andere. Sie lautete: Wenn man diese Ausnahmen vom Nachtflugverbot nicht genehmigen würde – wir haben es gerade eben von Herrn Kollegen Wagner noch einmal gehört –, dann würden die Nachtflüge am Ende überhaupt nicht rechtssicher eingeschränkt werden können. So hat man das damals erklärt.

Sie haben dann im Jahr 2008 und auch heute noch einmal erklärt, eine Planergänzung mit dem Ziel, das absolute Nachtflugverbot nachträglich einzuführen, würde den gesamten Ausbau gefährden. Ich denke in diesen Tagen nicht nur an manche Presseerklärungen der Landesregierung, der CDU und der FDP aus diesen Tagen zurück, ich denke auch an manche Kommentare, die in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ und im „Wiesbadener Kurier“ standen. Ich will damit nur einige Beispiele nennen. Ich denke aber auch an manche Äußerungen eines gewissen Jürgen Walter aus dem Oktober 2008 zurück.

Herr Wagner, die Begründung für das nicht gehaltene Versprechen eines absoluten Nachtflugverbotes und die angebliche Unmöglichkeit einer nachträglichen Veränderung der Planfeststellung war schlicht falsch. Sie war von vorne bis hinten falsch.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Reinhard Kahl (SPD))

Der Verwaltungsgerichtshof in Kassel hat im Jahr 2009 genau diesen Teil des Planfeststellungsbeschlusses 2009 aufgehoben und als rechtsfehlerhafte Abwägung bezeichnet.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Er hat genau die Planergänzung gefordert, von der Sie vorher immer gesagt haben, dass sie, rechtlich gesehen, unmöglich sei. Herr Wagner, diese Begründung war und ist von vorne bis hinten falsch.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Verehrte Kolleginnen und Kollegen der CDU und der FDP, die ganze schreckliche Geschichte wird immer schlimmer. Schlimm genug, dass Sie Ihr eigenes Versprechen nicht einhalten wollten.

(Zuruf des Abg. Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU))

Im Jahre 2009 hatten Sie alle Instrumente in der Hand, um Ihr Versprechen zu halten. Der Verwaltungsgerichtshof hat Sie sogar dazu aufgefordert, Ihr Versprechen zu halten. Was haben Sie gemacht? Sie sind vor das Bundesverwaltungsgericht in Revision gegangen, um dagegen zu klagen, Ihr eigenes Versprechen halten zu müssen. Herr Kollege Wagner und Herr Ministerpräsident, ich würde an Ihrer Stelle vor Scham rot werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Die Begründung lautete diesmal, die Landesregierung sei geradezu gezwungen, Revision einzulegen, man bräuchte jetzt endlich Rechtssicherheit, deshalb sei es geradezu zwingend, Revision einzulegen. Auch diese Begründung ist schlichtweg falsch. Rechtssicherheit bekommt man durch ein Urteil der höchsten Instanz, das ist richtig. Aber dazu bräuchte es keine Revision des Landes Hessen, schließlich ist das Land Hessen nicht der einzige Kläger.

Ich würde mit Ihnen wetten: Wenn die Landesregierung morgen beschließen würde, die Revision zurückzunehmen, würde es trotzdem am 13. März 2012 eine Verhandlung und in der Folge ein Urteil geben. Aber die Rücknahme der Revision wäre ein deutliches Zeichen, auch an das Bundesverwaltungsgericht, dass die Hessische Landesregierung das Nachtflugverbot endlich akzeptiert und ein Interesse daran hat, dass es kommt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE) – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Wie ein Methusalem!)

Aber nein, am 10. Oktober 2011 erfolgt der nächste Beschluss des VGH. Er lautet: Das Nachtflugverbot kommt. – Es wurde nicht von denen durchgesetzt, die es versprochen haben, sondern von klagenden Anwohnern und unter anderem den Städten Rüsselsheim und Offenbach. Es wurde gegen diejenigen durchgesetzt, die das Nachtflugverbot immer versprochen hatten. Liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU und der FDP, Herr Ministerpräsident, spätestens jetzt müssten Sie doch merken, was für eine Katastrophe Sie hinsichtlich des Vertrauens in die Politik angerichtet haben und diese Revision zurücknehmen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Es geht in diesem Trauerspiel aber nicht nur um die Politik, es geht auch um die Rolle der Luftverkehrswirtschaft. Lufthansa-Chef Christoph Franz hat mit seinem Interview im „Spiegel“ den Gipfel des Irrsinns erreicht. Er hat dort wörtlich gesagt:

Der Preis für die neue Landebahn ist mit dem totalen Nachtflugverbot zu hoch.

Weiterhin sagte er:

Hätten wir diese Entwicklung vorhergesehen, hätte unsere Forderung nach einer neuen Bahn ganz anders ausgesehen.

Ich übersetze das einmal: Die Lufthansa, die den Bau der neuen Bahn als Erste forderte und damit letztlich den Ausbau in Gang setzte, hatte nie vor, sich an das Nachtflugverbot zu halten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Und sie hat immer darauf vertraut, dass sie in der Landesregierung willige Vollstrecker ihrer Wünsche finden wird.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich weiß nicht, ob Herr Franz ein gläubiger Mensch ist. Aber ich finde, von den sieben Todsünden begeht er mindestens drei: Habgier, weil ihm eine Steigerung von 500.000 auf mindestens 750.000 Flugbewegungen im Jahr nicht genügt. Nein, er möchte auch noch in der Zeit von 23 bis 5 Uhr die Anwohner um des schnöden Mammons willen quälen. Maßlosigkeit, weil ihm eine Steigerung von 50 Prozent der Bewegungen immer noch nicht genügt. Und Hochmut, weil ihm die Nöte der Anwohnerinnen und Anwohner offensichtlich völlig egal sind.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Natürlich ist es geradezu irrsinnig, wenn innerhalb von zehn Tagen der Flugplan von Lufthansa Cargo umgestrickt werden musste und jetzt jeden Abend kurz vor 23 Uhr ein Frachtflugzeug nach Köln startet, dort ein paar Stunden wartet, um dann von dort nach China zu fliegen. Aber, und das sage ich auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Lufthansa Cargo: Schuld daran sind nicht die Ausbaugegner.

(Zuruf des Abg. Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU))

Schuld daran ist der Lufthansavorstand, der mindestens zwei Jahre Zeit hatte, um sich um neue Slots für den Flug nach China zu bemühen, es aber nicht getan hat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Schuld daran ist die Hessische Landesregierung, die genau diesem Vorstand offensichtlich immer gesagt hat, dass das Nachtflugverbot am Ende nicht kommt, obwohl sie selbst genau dieses versprochen hat. Und so ganz nebenbei: Die Tatsache, dass dieses Flugzeug kurz vor 23 Uhr voll starten kann, ist übrigens der Beweis, dass das Argument, der Interkontinentalverkehr brauche Bewegungen zwischen 23 und 5 Uhr wegen der Beladung und der Warenkette, schlicht Unsinn ist. Auch dieses Argument ist schlichter Unsinn.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE) – Minister Michael Boddenberg: Wo landet er denn, Herr Al-Wazir?)

– Er landet in Köln, wird aber vor 23 Uhr in Frankfurt fertig beladen. Wenn die sich rechtzeitig um neue Überflugrechte, um neue Slots gekümmert hätten, dann könnte er auch direkt nach China fliegen, Herr Boddenberg.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Ich fordere die Landesregierung auf, sich ihre Argumente nicht mehr von solchen Leuten einflüstern zu lassen, sondern endlich ihrem Amtseid entsprechend die Interessen der hessischen Bevölkerung zu vertreten. Es geht jetzt darum, das Leben rund um den Flughafen nicht immer unerträglicher werden zu lassen, sondern endlich im Sinne der Bürgerinnen und Bürger zu handeln und nicht immer im Sinne dieser maßlosen Menschen in der Luftverkehrswirtschaft.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist jetzt elf Jahre her, dass der Landtag drei Tage lang in den Rhein-Main-Hallen die große Anhörung rund um das Mediationsergebnis durchführte. Es ist geradezu ein Witz, dass es vom Mai 2000 bis zum Oktober 2011 dauerte, bis der Verkehrsminister Posch eine „Taskforce“ einrichtete, die sich mit der offensichtlich völlig überraschenden Frage auseinandersetzen soll, was man denn für zusätzlichen Lärmschutz am Flughafen tun kann. Es ist ein wirklicher Witz.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Reden wir einmal darüber, worüber der Ministerpräsident und der Kollege Wagner nicht geredet haben, nämlich über die Frage, was wir jetzt tun. Wir könnten schon längst einen anderen, steileren Anflugwinkel haben, damit die Flugzeuge aus größerer Höhe anfliegen, schneller sinken und dadurch weniger Menschen belästigen. Wir brauchen das nicht irgendwann, sondern jetzt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir könnten schon längst Steilstarts haben, damit die Flugzeuge schneller an Höhe gewinnen. Wir brauchen sie nicht irgendwann, sondern jetzt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir könnten schon längst eine noch höhere Gebührenspreizung bei den Start- und Landegebühren haben, um lautere Flugzeuge stärker zu belasten und dadurch einen Anreiz zu geben, die Flugzeugflotten schneller zu modernisieren. Eine MD 11 F ist nicht nur zwischen 23 und 5 Uhr eine Zumutung, sondern auch tagsüber.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Wir brauchen diese stärkere Spreizung nicht irgendwann, sondern jetzt. Wir brauchen ein Nachtflugverbot nicht nur für ein halbes Jahr, sondern dauerhaft. Deswegen: Ziehen Sie Ihren Revisionsantrag zurück – jetzt, meine Kolleginnen und Kollegen von der CDU und der FDP.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Wir müssen auch die Bereiche der Nacht ins Auge fassen, die nämlich länger als fünf Stunden und 55 Minuten ist, in Ausnahmefällen sogar nur vier Stunden und 55 Minuten, sondern die Nacht geht von 22 bis 6 Uhr. Wir müssen auch die Stunden ins Auge fassen, die bisher nicht vom dauerhaften Nachtflugverbot umfasst sind.

Und, an die Zukunft gedacht, wir müssen es im Luftverkehrsgesetz hinbekommen, dass die Aufgabe der Flugsicherung nicht nur wie bisher Sicherheit und maximale Kapazitätsauslastung ist, sondern Sicherheit und Lärmschutz. Das brauchen wir nicht irgendwann, sondern jetzt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Zuruf des Ministers Michael Boddenberg)

– Herr Boddenberg, es steht eben nicht genau darin. Schauen Sie in § 27 Luftverkehrsgesetz und zeigen Sie mir den Lärmschutz.

(Zuruf der Abg. Nancy Faeser (SPD) – Zuruf des Ministers Michael Boddenberg)

Es ist – Herr Boddenberg, da helfen auch keine Zwischenrufe, sondern ich meine das sehr ernst – in den letzten Jahren schon genug Vertrauen verspielt worden. Es sind genug Unwahrheiten verbreitet worden. Die Bürgerinnen und Bürger müssen mit ihren Nöten endlich ernst genommen werden, und zwar jetzt, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Anhaltender Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Vizepräsident Lothar Quanz:

Vielen Dank, Herr Al-Wazir.

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Fluglärm-Lied

(Nach der Melodie: „Kommt ein Vogel geflogen....“)

 

Kommt ein Flugzeug geflogen,

ganz tief über meinem Dach,

hat den Blutdruck gehoben,

Himmel, was ist das ein Krach!

 

Kommt ein Flugzeug geflogen,

kommen zwei, kommen gar drei,

hört - man hat uns belogen,

mit der Ruh’ ist’s jetzt vorbei!

 

Kommt ein Flugzeug geflogen,

Mensch, das kann doch wohl nicht sein.

Denn am Himmel dort oben

ist die Luft nicht mehr so rein!

 

Kommt ein Flugzeug geflogen,

raubt uns Ruhe und den Schlaf,

Das Land hat uns betrogen,

was grad’ den Nachtflug betraf!

 

Kommt ein Flugzeug geflogen,

ja, das ist doch voller Wahn!

Liebe Richter in Roben,

Bitte stoppt jetzt diese Bahn!

 

(von Frank A. Leithäuser)

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