Kosten der Unterkunft: Höhere Angemessenheit als Mietkostentreiber

Rede zum Antrag "Angemessenheitsgrenzen der Kosten der Unterkunft erneut prüfen" von Ursula Richter im Stadtparlament Der Antrag der Linken weist auf ein Dilemma hin: Sobald wir die Angemessenheitsgrenze hochsetzen, werden die Mieten insgesamt weiter steigen – auch für Personen außerhalb des ALG-II-Bezugs. Denn die Vermieter wissen genau bis wohin sie Anziehen dürfen um im Rahmen zu bleiben. Grundsätzlich hat Herr Schulze-Böing aber auch im Ausschuss Soziales dargelegt, dass die Angemessenheitsgrenzen im kommenden Sommer turnusgemäß aktualisiert werden. Dafür brauchen wir keinen Antrag, das ist das normale Procedere. [mehr]

29.03.19 –

Rede zum Antrag "Angemessenheitsgrenzen der Kosten der Unterkunft erneut prüfen" von Ursula Richter im Stadtparlament

Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher, meine Damen und Herren,

das Anliegen der Linken klingt erstmal gut, führt aber in die Irre.

Grundsätzlich hat Herr Schulze-Böing im Ausschuss Soziales dargelegt, dass die Angemessenheitsgrenzen im kommenden Sommer turnusgemäß aktualisiert werden. Dafür brauchen wir keinen Antrag, das ist das normale Procedere. Auch die Anhebung der Grundsteuer B wird nicht dazu führen, dass Menschen oberhalb der Angemessenheitsgrenze liegen werden - anders als im Antrag dargestellt. Niemand im ALG-II-Bezug wird wegen der Erhöhung der Grundsteuer umziehen müssen. Auch das wurde im Ausschuss dargelegt und bestätigt.

Aber gut, auch wenn wir diese grundsätzlichen Punkte bei Seite lassen, die schon im Ausschuss bestätigt wurden, und davon ausgehen, dass die Angemessenheit nicht im Sommer angepasst wird. Schauen wir uns den Antrag an. Die Linke beantragt, dass die Angemessenheitsgrenzen mit den Entwicklungen am Offenbacher Wohnungsmarkt und den steigenden Mietpreisen mithalten müssen. Sie beziehen sich auf die durchschnittlichen Mietpreise des Immobilienportals Immobilienscout 24. Immobilienscout berücksichtigt nur die Mieten der dort eingestellten Wohnungen, aber keine Wohnungen aus dem Bestand. Kurzum: Die Linke möchte, dass Wohnungen zu den aktuellen Marktpreisen für ALG-II-Bezieher erschwinglich werden. Das ist zwar nachvollziehbar. Nur leider nicht umsetzbar, denn die Angemessenheit muss laut Gesetzgeber und Bundessozialgericht nach einem schlüssigen Konzept festgelegt werden. Und die Vorgaben dazu sind umfassend:

  • Es muss ein räumlicher Vergleichsmaßstab vorliegen, der groß genug sein muss;
  • Es müssen verschiedene Stadtteile berücksichtigt werden, damit keine Ghettos entstehen;
  • Wohnungen müssen im einfachen, unteren Marktsegment liegenden Standard liegen und grundlegenden Bedürfnissen genügen.
  • Und vieles anderes mehr.
  • Aber vor allem: Es müssen auch Bestandswohnungen einfließen

Das bedeutet, man kann die Angemessenheitsgrenze gar nicht an die aktuellen Angebotspreise anpassen, denn die Bestandsmieten müssen einfließen. Willkürlich kann hier nichts festgelegt werden.

Sehr geehrte Damen und Herren,

auch wenn wir diesen weiteren Aspekt außer Acht lassen würden, gibt es noch einen inhaltlichen Punkt, der ein echtes Problem darstellt. Sobald wir die Angemessenheitsgrenze hochsetzen, werden die Mieten insgesamt weiter steigen – auch für Personen außerhalb des ALG-II-Bezugs. Denn die Vermieter wissen genau bis wohin sie Anziehen dürfen um im Rahmen zu bleiben. Die Angemessenheitsgrenze ist ein Maßstab, der bei den Mietpreisen eine Rolle spielt. Und das bedeutet, dass wir damit die Kaltmiete selbst weiter aufheizen können.

Aber ich komme zurück zum Ausgangspunkt: Im Sommer werden die Angemessenheitsgrenzen wie gesagt angepasst und sie werden aller Wahrscheinlichkeit nach auch steigen. Das Amt wird ein schlüssiges Konzept vorlegen und sich dabei an die Vorgaben halten, die zu berücksichtigen sind. Daher bitte ich um Ablehnung des Antrags.

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