Offenbach im Jahr 2020: Wachstum klima- und sozialverträglich gestalten

Rede zum Haushalt 2020 von Ursula Richter im Stadtparlament Manch Jüngere unter Ihnen kennen vielleicht das folgende Zitat von Marc-Uwe Kling: „Sagt da einer: ›Lasst uns doch was gegen den Klimawandel tun‹, aber dann sagt ein anderer: ›Ja, wir könnten jetzt was gegen den Klimawandel tun, aber wenn wir dann in fünfzig Jahren feststellen würden, dass sich alle Wissenschaftler doch vertan haben und es gar keine Klimaerwärmung gibt, dann hätten wir völlig ohne Grund dafür gesorgt, dass man selbst in den Städten die Luft wieder atmen kann, dass die Flüsse nicht mehr giftig sind, dass Autos weder Krach machen noch stinken und dass wir nicht mehr abhängig sind von Diktatoren und deren Ölvorkommen. Da würden wir uns schön ärgern.‹«     Wir wollen uns nicht ärgern, sondern uns weiter für unsere Stadt engagieren und unsere Stadt fit für die Zukunft machen. Zur ganzen Rede: [hier]

20.12.19 –

 
 
Herr Stadtverordnetenvorsteher,
 
 
 
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,
 
 
 
neulich war ich im Kabarett und dort hat der Kabarettist Jürgen Becker folgende Geschichte erzählt: Stellen Sie sich vor: Die Erde wäre ein Haus, dann wäre Europa eine kleine Einliegerwohnung und wir feiern eine Party, sagen wir mal mit ca. 100 Gästen: Getränke haben wir aber nur für 30: Dann handeln wir wie folgt: Wir gehen in den Keller der guten Nachbarn auf der gleichen Etage, der ist zum Glück nicht abgeschlossen. Dort stehen noch Vorräte und man versteht sich ja gut. Es ist ein rauschendes Fest, die Stimmung ist bombastisch. Doch dann ist das Bier vom guten Nachbarn auch leer und so klappert man die weiteren Keller ab bis fast nichts mehr übrig ist. Die Gäste haben ja Durst. Und nun stehen auf einmal die Nachbarn vor der Tür und wollen auch mitfeiern. Schließlich ist das eine tolle Party und es ist ja auch deren Bier, das hier getrunken wird. Die guten Nachbarn von der Etage und ein paar andere lassen wir noch rein. Aber irgendwann ist mal Schluss. Alle können ja wirklich nicht mitfeiern, sonst ist das Bier schnell wieder leer.
 
 
 
Ich gehe wahnsinnig gerne ins Kabarett, aber manchmal bleibt einem das Lachen im Halse stecken. Denn vielleicht ahnen Sie schon worauf der Kabarettist hinaus will: Die Nachbarn, das ist der Rest der Welt, das sind die sogenannten „Wirtschaftsflüchtlinge“, an deren Lebensgrundlage wir seit Jahrzehnten Raubbau betreiben. Und nun wundern sich manche, warum sie an unsere Tür klopfen?
 
 
 
Herr Stadtverordnetenvorsteher,
 
 
 
Kolleginnen und Kollegen,
 
 
 
ich habe 6 Enkel und es bewegt mich schon, was ich ihnen für eine Erde hinterlasse und jedem der dieses Verantwortungsgefühl kennt, wird auch das Lachen im Halse stecken bleiben.
 
 
 
Denn es bleibt
 
 
 
die Frage, wie beuten wir die Ressourcen dieser Erde weiter aus,
 
 
 
die Frage wie gehen wir mit der Klimakatastrophe um
 
 
 
und die Frage der Arbeits- und Lebensbedingungen der künftigen Generationen.
 
 
 
Die Klimakatastrophe wird auch hier vor Ort mit Hitze, Trockenheit und Starkregen immer spürbarer. Leider begreifen Menschen jetzt erst, dass etwas passieren muss und die Ressourcen auf unserem Planeten endlich sind. In der Stadt wird es wärmer, die Sommer werden trockener und die Menschen leiden unter der Hitze. So gibt es Kitas, in denen Erzieherinnen bereits umkippen, weil die Räume überhitzen. „Wegen „Hitzefrei“ geschlossen“ könnte künftig morgens an der Tür stehen.
 
 
 
Aber auch immer mehr Hausbesitzer klagen über Anzeichen des Klimawandels. Im letzten Jahr waren es Setzrisse im Gebäudewerk – übrigens nicht nur an privaten Häusern, sondern auch an einer ganzen Reihe städtischer Gebäude. Wir können natürlich kurzfristig die Bäume vor der Tür fällen und damit die letzten Schattenspender vernichten in der vagenHoffnung, dass die Bäume für die Setzrisse verantwortlich sind. An dem Schrumpfen des Rupeltonbodens auf dem Offenbach zu großen Teilen gebaut ist, wird das nicht wirklich was ändern. Wir können auch überall Klimaanlagen einbauen und das Problem damit weiter befeuern.
 
 
 
Ein Gebäude, das von Setzrissen betroffen ist, ist das JUZ Lauterborn.  Durch die Landesförderung in Höhe von 4,5 Millionen Euro, die größte Förderung im Programm „Soziale Integration im Quartier“ in Hessen, sind in diesem Fall, die Risse sogar eine Chance. Ein Neubau und damit verbunden eine Vergrößerung ist durch unsere Dezernentin bereits auf den Weg gebracht.
 
 
 
Ziel und Aufgabe von Politik ist es, Menschen nicht nur mit den katastrophalen Tatsachen zu konfrontieren, sondern Maßnahmen ergreifen, die die Katastrophe abwenden können und den Menschen aufzuzeigen, was sie selbst tun können. Das ist mein Selbstverständnis politischer Arbeit hier vor Ort, hier in Offenbach.
 
 
 
Einer der wichtigsten Bereiche, in denen jetzt etwas passieren muss, ist der Verkehr, auch in Offenbach. Die Verkehrswende wird nicht von heute auf morgen klappen, denn es dauert, bis Menschen ihr Verhalten ändern. Um Menschen zum Umsteigen zu bewegen, muss das Angebot stimmen. Wir haben mit der Ausweitung des Busverkehrs und der Verdichtung der Taktzeiten das Angebot deutlich ausgeweitet.  Damit haben wir die Attraktivität des ÖPNV maßgeblich verbessert. Es ist auch richtig, in e-Busse zu investieren. Das werden leise Busse, ohne Abgase. Das ist eine Maßnahme zum Klimaschutz, die mit Sicherheit auch die Anwohnerinnen und Anwohner an den Busstrecken freut.
 
 
 
Bei unserer Busflotte gibt es – anders als in anderen Kommunen – keine Möglichkeiten mehr, durch modernere Dieselmotoren wesentliche NOx-Einsparungen hinzukriegen. Weil unsere Offenbacher Verkehrsbetriebe schon seit Jahren auf emissionsarme Fahrzeuge setzen. Auch wenn die SPD es nicht glauben mag. Weder deren Vorschlag eine dritte Antriebstechnologie auf den Hof der OVB zu bringen, noch der Komplettumstieg auf Wasserstoffbusse wären finanzierbar oder derzeit technisch machbar. Allerdings bin ich mir relativ sicher, dass die Genossinnen und Genossen das eigentlich auch schon wussten, bevor sie ihre gefühlt „173“ Fragen an unsere Dezernentin gestellt haben. Denn die neue Antriebstechnologie wurde bereits vor Jahren im Aufsichtsrat besprochen und geplant, in dem auch Genossen vertreten sind. Dass die SPD davon nichts mitbekommen hat, ist also auszuschließen. Unter den gegebenen Voraussetzungen bleibt die Elektrifizierung richtig.
 
 
 
Meine Damen und Herren,
 
 
 
Eine weitere Herausforderung im Verkehrsbereich ist, dass immer mehr Menschen nach Offenbach ziehen. Und die Zahl der Autos in Offenbach wächst rasant: Von 2008 bis 2017 haben wir fast 10.ooo Autos zusätzlich. Das sind 18 % mehr und die Tendenz steigt. Hinzu kommt, dass die einzelnen Fahrzeuge immer größer werden, nur 45 Min. pro Tag durchschnittlich bewegt werden und nur höchstens 10 % zur gleichen Zeit. In Städten von morgen sind laut Umweltbundesamt nur 150 PKW je 1.000 Einwohner verträglich. Und im Vergleich der hessischen Städte haben wir immer noch die geringste Autodichte: Auf 1.000 Offenbacher kommen „nur“ 429 Autos.
 
 
 
Mobilität in unserer Stadt werden wir nur sicherstellen können, wenn wir Menschen zum Umstieg auf andere Verkehrsmittel motivieren. Hierzu gehört neben dem bereits erwähnten Ausbau des ÖPNV auch der Ausbau von Radwegen und die Förderung des Fußverkehrs. Das Umweltbundesamt erforscht, wie Fußverkehr attraktiver werden kann. Der Trend zur stetigen Abnahme des Fußverkehrs hat seine Ursachen in der Luftverschmutzung, Lärmbelastung, in städtebaulichen Defiziten, Unfallgefahren durch den motorisierten Verkehr und schlicht der Gewohnheit. Dabei handelt es sich um die nachhaltigste Form von Mobilität. Diese ist durch Maßnahmen zur Erhöhung der Barrierefreiheit, der Verkehrssicherheit zusammen mit der Aufwertung der Gehwege zu fördern.
 
 
 
Auch ist es richtig und wichtig, dass wir weiter in Fahrradstraßen und Fahrradinfrastruktur investieren. Mit dem Projekt der Fahrradstraßenstadt Offenbach haben wir ein bemerkenswertes Vorhaben angefangen, dass gut vorankommt und zum Rückgrat der zukünftigen Mobilitätsstrategie unserer Stadt gehört.
 
 
 
Daher ist es richtig und gut, dass wir – auch mit einer anderen Vorlage heute – am Marktplatz den ersten Schritt gehen in Richtung Verkehrsberuhigung und Erleichterung der Durchlässigkeit für Fußgänger und Fahrradfahrer. Es ist ein Anfang.
 
 
 
Im Rahmen der Umsetzung des Nahverkehrsplans werden weitere Verbesserungen für Radlerinnen und Radler und Fußgänger am Marktplatz folgen, trotzdem bleibt noch viel zu tun bis das Herz der Stadt komplett verkehrsberuhigt ist.
 
 
 
Es gibt zwar immer mehr Autos in der Stadt, aber es gibt genauso deutliche Signale, die ermutigen. Laut Mobilitätsbericht sind seit Jahren knapp 20 % der Offenbacherinnen und Offenbacher mit dem ÖPNV unterwegs. 
 
 
 
Wir machen Bus und Bahn attraktiver.
 
 
 
Unterirdisch tut sich einiges an der S-Bahn-Station Marktplatz. Der Bahnhof wurde als einer von 16 Zukunftsbahnhöfen ausgewählt. Das bedeutet, die Bahn investiert eine halbe Million Euro für WLAN, neue Wartemöbel und neue Angebote für Pendlerinnen und Pendler. Schon jetzt sichtbar sind die Investitionen im Zugangsbereich, wo neue Spiegel, Geländer und Beleuchtung installiert werden. Und besonders schön daran: Nicht nur das S-Bahnfahren wird damit angenehmer, uns als Stadt kostet das Ganze fast überhaupt nichts.[1]
 
 
 
Damit alle, die unter der Erde aus der S-Bahn aussteigen, gut weiter kommen ist es uns wichtig, unseren Teil für einen attraktiven Nahverkehr dann überirdisch zu leisten. Im Zuge des Marktplatzumbaus wird an der Busstation ein Teil der wichtigsten Haltestelle Offenbachs mit umgebaut und dadurch an Aufenthaltsqualität gewinnen.
 
 
 
Auch das Land setzt sich für einen guten ÖPNV ein. Schon  mancher Offenbacher Pensionär hat bereits  ein 365-Euro-Ticket. Auch eine gute Idee für ein Weihnachtsgeschenk. Schön, wenn ihre Autos künftig häufiger stehen bleiben und zwar nicht nur, weil es ein günstiges Ticket gibt, sondern auch, weil sie sich an den Stationen gern aufhalten, das Angebot attraktiv für sie ist und der Bus oft und gut verzahnt fährt.
 
 
 
Das Busangebot ist nicht nur für die Luftreinhaltung und den Klimaschutz wichtig. Es ist auch eine soziale Frage, gerade in unserer Stadt, in der viele kein Auto besitzen. Darunter auch manche, die es sich schlicht nicht leisten können.
 
 
 
Meine Damen und Herren, noch eine weitere soziale Frage wurde gerade beim ÖPNV angegangen: Als Gewerkschafterin sehe ich die Forderungen der Fahrer als absolut berechtigt an und freue mich über ein gutes Tarifergebnis. Als Kommunalpolitikerin sehe ich auch die Kosten. Die ersten Nachfragen, was dieser Abschluss die Stadt kosten wird, hat es schon gegeben– der ÖPNV wird teurer. Und dieses Mehr wird aus dem Haushalt zu stemmen sein. Aber wir wissen, dass der Arbeitsmarkt leergefegt ist, nicht nur bei den Busfahrern. Deshalb ist es eine Leistung, dass wir das zusätzliche Personal für die mit dem Fahrplanwechsel 2018/19 ausgeweiteten Verkehre gewinnen konnten. Und es ist wichtig, dass wir die Fahrer „bei der Stange halten“. Vor allem sind wir als Kommune den Menschen verpflichtet, die unsere Daseinsvorsorge sichern, die unsere Schülerinnen und Schüler befördern, die die Menschen zur Arbeit und die Rentnerinnen und Rentner abends zum Theater oder Kabarett bringen. Oder zum Arzt. An fehlenden Fahrern sind einige andere Kommunen in den letzten Monaten gescheitert und Busse und Bahnen standen still.
 
 
 
Damit investieren wir sinnvoll, ebenso wie bei der maßvollen Schaffung neuer Stellen. Ich will mich hier auf den Sozialbereich beschränken. In einer wachsenden Stadt gibt es mehr Arbeit, und mehr Arbeit muss auch auf mehr Schultern verteilt werden. So wird die Amtsleitung des Eigenbetriebs Kindertagesstätten und des Jugendamtes verstärkt. Künftig werden beide Bereiche je mit einer eigenen stellvertretenden Leitung ausgestattet sein. In einer wachsenden Stadt mit mehr Kindern brauchen wir einen gut aufgestellten Kita- und Jugendamtsbereich. Dazu werde ich gleich noch etwas sagen.
 
 
 
Zur Mitarbeiterbindung stellen wir ab 2020 erstmals Betriebskitaplätze bereit.
 
 
 
Und um für die Kitas genügend Erzieherinnen und Erzieher zu gewinnen, wird es an der Käthe-Kollwitz-Schule künftig eine duale Ausbildung geben. Damit sind sie bereits während der Ausbildung einsetzbar und sie verdienen Geld.
 
 
 
Daneben haben wir 30 Stellen von Fachkräften zur Integration von Kindern mit Behinderung beim EKO entfristet. Die Umwandlung von befristeten in unbefristeten Stellen ist eine Maßnahme zur Mitarbeiterbindung. Das schafft Verlässlichkeit und das ist für die Mitarbeiter*innen und die Kinder wichtig. Denn wie beim Klima ist auch im Sozialen Vorsorge immer besser als Nachsorge.
 
 
 
Daher freue ich mich auch, dass im kommenden Jahr 25 Tausend Euro für die aufsuchende Präventionsarbeit im Bereich Glücksspiel bereitgestellt werden.
 
 
 
Ein anderes Thema: Wir alle hören immer wieder vom Fachkräftemangel und hier unternimmt die Stadt viel wie eben beschrieben, um Mitarbeiter zu binden. Es gibt aber auch noch eine andere Baustelle: Nach dem Bildungs- und Erziehungsbericht 2018 sind alleine im Jahr 2017 82 Jugendliche ohne einen Abschluss von der Schule abgegangen. Nur ohne Abschluss sind die Perspektiven auf dem Ausbildungsmarkt düster. Nach einer Studie des DGB sind Schulabbrecher von 96 % aller Ausbildungsangebote ausgeschlossen. Dazu kommen die 273 Jugendlichen in 2017, die die Schule mit einem Hauptschulabschluss verlassen haben. Auf 64 % der Ausbildungsstellen können sich diese Jugendlichen nicht bewerben, das Hauptschulzeugnis reicht den Betrieben nicht mehr aus. Und 2.090 Jugendliche und junge Erwachsene, die in Offenbach wohnen, stehen außerhalb der Strukturen. Sie werden weder über das Bildungs- und Ausbildungssystem noch über Erwerbsarbeit oder Arbeitsmarktmaßnahmen erfasst bzw. integriert.
 
 
 
Auch in diesem Bereich wird in Offenbach viel gemacht, Alleine das Arbeitsmarktprogramm der Mainarbeit für die Integration von U25-jährigen sieht über 2,6 Mio. € in 2020 vor.
 
 
 
Nicht mit berechnet andere Maßnahmen, wie das Projekt ZUG – Zukunft gestalten.
 
 
 
Viel Geld, um Jugendliche und junge Erwachsene dazu zu befähigen zukünftig selbstständig ihr Leben zu gestalten. Diese Maßnahmen waren überfällig.
 
 
 
Damit es erst gar nicht zu einer hohen Zahl an Abbrechern kommt, müssen wir früher ansetzen. Bereits im Kindergartenalter und in der Grundschule müssen wir verstärkt dafür sorgen, dass Kindern Teilhabe und Chancen ermöglicht werden. Ich weiß, die Kommune ist nicht für alles verantwortlich, Schule ist Ländersache, aber es entbindet uns trotzdem nicht von unserer Verantwortung. Auch hier gilt: Vorsorge ist besser als Nachsorge.
 
 
 
In 2019 ist wieder einiges vorangegangen und zwar konnte mit Hilfe der Stiftung „Kinder Zukunft Fördern e.V.“  unsere Dezernentin ein Pilotprojekt zur Sprachförderung in Kitas starten. Kinder im letzten Kita-Jahr werden besonders gefördert, damit sie ausreichend Deutsch können, wenn sie von der Kita in die Schule wechseln. Dafür gibt es eine extra Stelle in der Kita 18. Das ist nachhaltig für die Kinder und günstig für den städtischen Haushalt. Gerade schauen wir, ob dieses Modell auch auf andere Kitas übertragen werden kann, um die Sprachkenntnisse spätestens zum Schuleintritt zu verbessern und damit einen besseren Start ins Schulleben zu ermöglichen.
 
 
 
Auch an anderen Stellen konnte unsere Dezernentin externe Mittel einwerben. Beispielsweise finanziert die Marschnerstiftung die Fahrten der Schülerinnen und Schüler der Fröbelschule zur Reittherapie.
 
 
 
Private Fördergelder entlasten nicht nur den städtischen Haushalt: Sie nimmt auch Dritte in die Verantwortung. Ohne bürgerschaftliches Engagement geht es nicht.  Nicht alles kann Politik leisten.
 
 
 
Sehr geehrte Damen und Herren,
 
 
 
in allen Altersklassen findet Leben zunehmend draußen statt – das hat auch, aber nicht nur, mit wärmeren Sommern zu tun. Menschen verbringen ihre Freizeit gern im Freien, im öffentlichen Raum und auf Plätzen. Und diese müssen dafür gut ausgestaltet sein. Man muss es auch bei Hitze draußen aushalten können. Bäume sind da übrigens ein über Jahrtausende erprobtes und sehr gutes Mittel. Da investieren wir im besten Sinne klug und nachhaltig, denn auch dafür stellen wir zusätzliche Mittel in den Haushalt ein.
 
 
 
Sicher haben Sie auch unseren Klimaantrag für die heutige Sitzung wahrgenommen. Wir wollen uns damit auch für Mittel bewerben, die der Klimaanpassung dienen und das Leben draußen in heißen Sommern möglich machen.
 
 
 
Unabhängig von freitäglichen Demos sind besonders kleine Menschen oft und gerne draußen, wenn es dort etwas zu entdecken, erkunden und Plätze zu besetzen gibt.
 
 
 
Dass sie künftig gute Spielorte bekommen, ist auch unsere Aufgabe. Viele Kinder werden aber leider schon längst erwachsen sein, bis ihre Plätze – nämlich die Spielplätze und Bolzplätze vor ihrer Tür – saniert sein werden. Ein großer Schritt ist in diesem Jahr mit der Johannes-Morhart-Straße gelungen, Platz 1 der Sanierungsliste ist damit endlich erledigt. In 2019 wurden an sieben weiteren Spiel- und Bolzplätzen kleinere und größere Sanierungsarbeiten durchgeführt. Nun werden im kommenden Jahr 5 Spielplätze beplant – ich hoffe wir können die Planerinnen und Planer in der Stadt halten und werden 2021 dann die Spielplatzsanierungen auch umsetzen. Daneben haben wir die Mittel für laufende Sanierungen auf 80 tausend Euro verdoppelt. In 2020 steht außerdem noch die Sanierung des Wasserspielplatzes im Dreieichpark an und andere kleinere Vorhaben. Es geht zwar in kleinen Schritten voran, aber wir bleiben dran.
 
 
 
Auf manchem Spielplatz trifft man auch regelmäßig das JuKuMo, das Jugendkunstschulmobil, das gratis Kunst in die Stadtteile zu Kindern und Jugendlichen bringt. Das gibt es zwar für die Benutzer gratis, es kostet aber dennoch Geld. Die Jugendkunstschule ist nun auf die Stadtpolitik zugekommen, weil sie unterfinanziert ist. Ich denke, dass wir alle übereinstimmen, wenn ich sage: Die Jugendkunstschule wird seit ihrer Gründung von einer breiten Parlamentsmehrheit unterstützt und so werden wir sie auch weiter fördern.
 
 
 
Ich habe oft betont, dass mir die Spielplatzsanierungen zu langsam vorangehen. Wenn es bei den öffentlichen Spielplätzen hakt, gibt es aber auch andere Möglichkeiten. Dann suchen sich Kinder einfach ihre Plätze und besetzen sie. So wie es im Sommer am Rathausbrunnen geschieht: Denn es gibt nur wenige öffentliche Wasserspielplätze. In den warmen Monaten im Jahr fehlt es allerorts an kühlendem Nass für Groß und Klein und an öffentlichen Brunnen. Und auch an Trinkwasserbrunnen, ein Thema, das wir mit unserem Klimaantrag erneut voranbringen wollen. Auch hier kaum zu Lasten des Haushalts, denn hier stehen Fördermittel bereit und warten darauf, abgerufen zu werden.  
 
 
 
Einer der wichtigsten Orte für Kinder und Jugendliche in heißen Sommern ist – auch in Offenbach – das öffentliche Schwimmbad. Im Winter leider weniger, denn für Nicht-Schwimmer gibt es dann nicht viel zu wollen. Damit wir auch bei Kälte ein öffentliches Nicht-Schwimmerbecken haben und den Schwimmunterricht sichern können, wird nun eine zweite Traglufthalle kommen. Das ist eine gute Nachricht, gerade vor dem Hintergrund, dass immer weniger Kinder schwimmen können.
 
 
 
 
 
 
 
Meine Damen und Herren,
 
 
 
In mancher Hinsicht leben wir in einer reichen Stadt: Reich an jungen Menschen und an Kindern. Und das ist auch gut so. Damit sind aber auch Kosten verbunden.
 
 
 
Im Bereich Kinder und Jugend gibt es viele Baustellen in der Stadt und das nicht im übertragenen Sinne: Wir sind dabei Schulbausanierungen und Schulneubauten voranzutreiben. Und auch hier beachten wir, dass klimaangepasst gebaut wird, damit wir uns spätere Nachrüstungen für Klimafolgen sparen können.
 
 
 
Gleiches gilt natürlich bei den Kitas. Viele Kitas sind bereits saniert, vor allem dank KIP-Mitteln[2]. Aber es gibt auch hier weiterhin einiges zu tun. Deshalb haben wir im kommenden Jahr 500.ooo Euro zusätzlich für Kitasanierungen eingestellt.
 
 
 
Wir investieren viel Geld in die Kinderbetreuung und stellen beispielsweise 6 Millionen Euro mehr für Betriebskostenzuschüsse zur Verfügung. Das ist kein Pappenstiel und die Kosten werden in den kommenden Jahren weiter steigen, aber das sind Investitionen in die Zukunft unserer Kinder und damit Investitionen in die Zukunft unserer Stadt.
 
 
 
Auch an anderer Stelle profitieren wir von Bundes- und Landesmitteln, zum Beispiel im Nordend mit HEGISS III. Hier zeigt sich, dass Ökologie und Soziales zusammengehören. Denn wir werden die Mittel auch nutzen, um den Stadtteil aufzuwerten und mehr Grün zu schaffen. Die Überhitzung der Stadt zeigt sich dort besonders deutlich, wo es an Grünflächen mangelt und die Nachverdichtung, so wie im Nordend, rasant vorangeht. Es ist auch eine soziale Frage, wie der Ort, an dem wir leben gestaltet ist. Und ob die Luft dort „steht“ oder ob es zumindest erträglich ist. 37,3 Mio. Euro werden hier in den kommenden Jahren fließen, davon bis zu 90 Prozent gefördert – aus unserer Sicht gut und richtig angelegtes Geld. Für Klimaschutz und Klimaanpassung, für Biodiversität und Spiel- und Grünflächen im Nordend sowie auch für Fuß- und Fahrradwege.
 
 
 
Aber nicht nur im Nordend ist fehlendes Grün ein Thema, in der ganzen Stadt gehen unsere Bäume bei der Trockenheit ein und es fehlt an Grün. Doch im oben ausgeführten Sinne: wir zeigen nicht nur Missstände auf, sondern wir unternehmen etwas dagegen. Deshalb gibt es 500 Tausend Euro zusätzlich für Bäume und ihre Bewässerung und bienenfreundliche Samenmischungen. Die sind gut angelegt. Wir brauchen das Grün in der Stadt für gute Luft und ein angenehmes Dasein.
 
 
 
Es wird an vielen Beispielen deutlich, dass wir unsere Stadt grüner und attraktiver machen und für die nächsten Jahrzehnte vorbereiten. Für Alteingesessene, Zugezogene und für kommende Generationen.
 
 
 
 
 
 
 
Sehr geehrte Damen und Herren,
 
 
 
ein Thema soll nicht ausgespart werden: Mit dem letzten Haushalt mussten wir einen bitteren Schritt gehen und haben die Grundsteuer deutlich erhöht. Im vergangenen Jahr rund um Weihnachten gab es wenig zum Lachen. Wir haben im Februar auch beschlossen, die Grundsteuer jährlich kritisch unter die Lupe zu nehmen und das haben wir getan. Auch ohne den SPD-Antrag. Im kommenden Jahr gibt es große Verschiebungen im Haushalt, die Schlüsselzuweisungen steigen um 16 Millionen Euro. Und, dies hat die SPD jetzt erstaunlicherweise zum Anlass genommen, um zu fordern, dass die Grundsteuer doch wieder gesenkt werden kann. Es scheint komisch, seit Jahren zu schimpfen, weil wir nicht gegen den KFA klagen, aber jetzt das zum Anlass zu nehmen, zu verkünden, mit der SPD gehe die Grundsteuer um 200 Punkte runter. Am widersprüchlichsten scheint in diesem Kontext der Satz: „Bei der aktuellen Regelung ist für 2021 sogar mit weiter steigenden Schlüsselzuweisungen zu rechnen“ –  sollen wir nun klagen, weil wir nach eurer Auffassung zu wenig bekommen oder uns bedanken? Gerne weise ich nochmals auf die Rede des Kämmerers zur Haushaltseinbringung hin.
 
 
 
Sinngemäß hat er folgendes ausgeführt:
 
 
 
Bei den größten Einnahmepositionen der Stadt Schlüsselzuweisungen und Gewerbesteuer bleibt die Entwicklung unsicher, bei gleichzeitig steigenden Aufwendungen für Kinderbetreuung, Sozialleistungen und ÖPNV.
 
 
 
Wir müssen investieren, vor allen Dingen im Bereich der Bildungsinfrastruktur, dadurch steigt die Verschuldung und der Zinsaufwand und die Tilgungsleistungen.
 
 
 
Es reicht nicht im Ergebnishaushalt die schwarze Null zu erreichen. Wir müssen die Kredite aus eigener Finanzkraft leisten und deshalb ist ein jährlicher Überschuss notwendig.
 
 
 
Diese eben aus der Rede des Kämmerers zitierten Punkte machen das Grundproblem deutlich: Die entscheidenden Messgrößen sind nicht sicher einschätzbar, aber müssen dennoch zuverlässig geplant werden.
 
 
 
Eine verlässliche Größe stellt die Grundsteuer dar.
 
 
 
Eine weitere verlässliche Größe ist die Einkommenssteuer, sie nimmt auch um immerhin 3 Millionen zu, ist aber in Bezug auf die Ausgaben leider keine relevante Größenordnung.
 
 
 
Gleichzeitig sehen wir, dass die Gewerbesteuer wieder kein Garant ist, wir rechnen mit 7 Millionen € weniger. Es gibt weiterhin große Betriebe in dieser Stadt, bei denen es nicht gut aussieht. Seriös können wir aber überhaupt nicht sagen, wie sich die Gewerbesteuer entwickeln wird, das hat sich in der Vergangenheit mehrfach gezeigt. Ich habe es vor einem Jahr gesagt und bleibe dabei „Die Formel ist klar: Die Gewerbesteuer muss sich verbessern, damit die Grundsteuer entsprechend sinken kann.“  … So ist es aus meiner Sicht leider auch heute noch.
 
 
 
Kommunen, die über stabile Finanzen verfügen, haben eine stabile Grundlage aus der Gewerbesteuer. Hier müssen wir besser werden! Der für die Wirtschaftsförderung zuständige Oberbürgermeister ist hier gefragt! Es ist gut und wir sind froh über die hohen Zahlungen aus dem KFA. Aber es kann doch nicht unser Ziel für die Zukunft unserer Stadt sein, dass wir davon profitieren, dass andere höhere Einnahmen haben und diese an uns umverteilen müssen. Da erwarte ich von der SPD und von unserem Oberbürgermeister mehr Engagement und mehr Zuversicht in das Potential unserer Stadt. Um auf das Bild vom Anfang meiner Rede zurückzukommen: Ich will nicht das Bier meiner Nachbarn trinken!
 
 
 
 
 
 
 
Meine Damen und Herren,
 
 
 
nochmal zurück zum Antrag der SPD: Wir haben kaum Luft um die vielen Projekte, die dringend anstehen zu realisieren. Wir müssen, um Offenbach attraktiv und lebenswert zu erhalten und zu machen, viel in die Klimakatastrophenverhinderung investieren. Wir sind erst am Beginn eines langen Weges: Stadtbibliothek, Innenstadtkonzept, Maindeich, Marktplatzumbau, nur um einige zu nennen.
 
 
 
Dann sollen wir uns jetzt schon wieder „das Wasser abgraben“, indem die Grundsteuer gesenkt wird? Wir können und werden aus Verantwortung diesen Weg nicht mitgehen.
 
 
 
Zum Schluss möchte ich zurückkommen zum Kabarett und zur Komik. Manch Jüngere unter Ihnen kennen vielleicht das folgende Zitat von Marc-Uwe Kling: „Sagt da einer: ›Lasst uns doch was gegen den Klimawandel tun‹, aber dann sagt ein anderer: ›Ja, wir könnten jetzt was gegen den Klimawandel tun, aber wenn wir dann in fünfzig Jahren feststellen würden, dass sich alle Wissenschaftler doch vertan haben und es gar keine Klimaerwärmung gibt, dann hätten wir völlig ohne Grund dafür gesorgt, dass man selbst in den Städten die Luft wieder atmen kann, dass die Flüsse nicht mehr giftig sind, dass Autos weder Krach machen noch stinken und dass wir nicht mehr abhängig sind von Diktatoren und deren Ölvorkommen. Da würden wir uns schön ärgern.‹«
 
 
 
Wir wollen uns nicht ärgern, sondern uns weiter für unsere Stadt engagieren und unsere Stadt fit für die Zukunft machen.
 
 
 
In diesem Sinn bitte ich Sie um Zustimmung zum Haushalt und den darin enthaltenen Schritten für mehr Klimaschutz.
 
 
 
 
 

 

[1] 15.000 Euro städtischer Anteil für Geländerelemente

[2] Kommunales Investitionsprogramm

 

 

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