Die Potentiale und das Wissen der Bürger*innnen nutzen

Rede zum Antrag "Prozess zur Entwicklung von Leitlinien zur Bürgerbeteiligung" im Stadtparlament von Tobias Dondelinger Die Demokratie in Deutschland verändert sich. Wahlbeteiligungen wie vor 20 Jahren sind heutzutage undenkbar, viele Menschen fühlen sich von den politischen Verantwortlichen nicht hinreichend gehört und vertreten und vor einigen Wochen ist eine Partei in den Bundestag eingezogen, die mit teils offen rechtsradikalen Abgeordneten und reaktionären Positionen an den Grundfesten unserer Demokratie rüttelt. In Offenbach beobachten wir die Abwendung vieler Bürgerinnen und Bürger schon seit langem mit Sorge, aber auch mit einer gewissen Hilflosigkeit. Gerade bei Kommunal- und OB-Wahlen ist die Wahlbeteiligung besorgniserregend niedrig. Hieran müssen wir alle arbeiten. Ein Baustein, dieser gefühlten oder tatsächlichen Unterrepräsentation der Bürgerinnen und Bürger entgegenzuwirken, ist der Antrag, den wir heute stellen. [MEHR]

03.11.17 –

Rede zum Antrag "Prozess zur Entwicklung von Leitlinien zur Bürgerbeteiligung" im Stadtparlament von Tobias Dondelinger

Sehr geehrter Stadtverordnetenvorsteher, sehr geehrte Mitbürgerinnen und Mitbürger,

Die Demokratie in Deutschland verändert sich. Wahlbeteiligungen wie vor 20 Jahren sind heutzutage undenkbar, viele Menschen fühlen sich von den politischen Verantwortlichen nicht hinreichend gehört und vertreten und vor einigen Wochen ist eine Partei in den Bundestag eingezogen, die mit teils offen rechtsradikalen Abgeordneten und reaktionären Positionen an den Grundfesten unserer Demokratie rüttelt.

In Offenbach beobachten wir die Abwendung vieler Bürgerinnen und Bürger schon seit langem mit Sorge, aber auch mit einer gewissen Hilflosigkeit. Gerade bei Kommunal- und OB-Wahlen ist die Wahlbeteiligung besorgniserregend niedrig. Hieran müssen wir alle arbeiten.

Ein Baustein, dieser gefühlten oder tatsächlichen Unterrepräsentation der Bürgerinnen und Bürger entgegenzuwirken, ist der Antrag, den wir heute stellen.

Wir wollen gemeinsam mit der interessierten und engagierten Bürgerinnenschaft, aber auch mit denen, die vielleicht bisher nicht die Zugänge gesehen oder gefunden haben, ihre Ideen einzubringen, sowie mit VertreterInnen aus Politik und Verwaltung ein verbindliches Regelwerk schaffen, wie Bürgerbeteiligung in Offenbach in Zukunft ablaufen soll und wird.

Ein solches Regelwerk wird dann hoffentlich auch neue Zugänge für die Menschen bieten, die bisher weniger am Geschehen in ihrer Stadt beteiligt waren.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich erinnere mich noch sehr gut an eine meiner ersten Stadtverordentenversammlungen, als es um die Ertüchtigung des Maindeiches ging.

In dieser Debatte spielte unter anderem eine Bürgerbeteiligung aus dem Jahr 2011 eine Rolle. Und was ich in diesem Zusammenhang gehört habe, war mir ein sehr gutes Beispiel dafür, dass wir eine Leitlinie für Bürgerbeteiligung auch deshalb brauchen, um Klarheit und Transparenz darüber zu schaffen wie, wo und in welcher Form Beteiligung stattfinden kann, soll oder muss.

Von alldem scheint nämlich 2011 nicht besonders viel klar gewesen zu sein. Für mich hörte sich das an, als wäre zwar nicht wirklich klar, was damals überhaupt bei der Beteiligung rausgekommen sei und welche Bindekraft das gehabt hätte, als sei das aber ohnehin alles über den Rahmen des finanziell machbaren hinausgegangen. 

Wenn man Bürgerbeteiligung so macht, dann ist das maximal kontraproduktiv. Man frustriert die, die sich engagiert haben, man lässt die Verwaltung ratlos zurück und klärt auf der politischen Ebene nicht Fronten, sondern erzeugt neuen Sprengstoff. Deshalb dient es der politischen Kultur, aber auch der Arbeit der Verwaltung in dieser Stadt, wenn Klarheit und Transparenz bestehen, wie Bürgerbeteiligung hier stattfindet. Dies soll die Leitlinie leisten, wenn sie fertig ist. 

Aber, um den Bogen zurück zu schlagen zu unseren Bürgerinnen und Bürgern: Eine Stadt wie Offenbach, die vor vielfältigen strukturellen Veränderungen steht und jeden Euro zweimal umdrehen muss, die aber gleichzeitig gesegnet ist, mit einer vielfältigen, engagierten und kreativen Bürgerinnenschaft, eine solche Stadt kann es sich einfach nicht leisten, die Potentiale und das Wissen ungenutzt zu lassen, dass in den Köpfen der Menschen dieser Stadt liegt. 

Die Bürgerinnen und Bürger sind die wahren Expertinnen in ihren eigenen Belangen. Sie kennen ihren Stadtteil und ihre Lebenswirklichkeit genau und sie können wichtige Hinweise geben, die am Ende zu besseren Ergebnissen führen. Wir wollen, dass diese Hinweise in Zukunft einfacher gegeben werden können und gehört werden.  

Es geht uns hier nicht darum, politische Interessen in irgendeiner Form durchzudrücken oder zu oktroieren. Eben deshalb haben wir nicht den Magistrat beauftragt solche Richtlinien zu erarbeiten, sondern wollen diesen Prozess anstoßen, der alle beteiligten in ein Boot holt und damit ist auch ausdrücklich die politische Opposition in der Stadt gemeint. Wir wollen natürlich, dass auch sie sich einbringt und mitwirken kann.

Wir sehen das als Chance, aus dem politischen Lagerdenken auszubrechen und in einer zielorientierten und unideologischen Arbeitsgruppe diese Leitlinien auszuarbeiten. Deshalb haben wir die Zielvorgaben zwar genau definiert, aber Ergebnisse nicht vorweggenommen. Auch für die Verankerung der Leitlinien in der Verwaltung soll die Arbeitsgruppe einen Vorschlag vorlegen. Wir sind da offen und gespannt.

Zum Thema “alle Beteiligten ins Boot holen”, möchte ich noch eine Sache sagen: Wir wissen, dass eine Arbeitsgruppe aus 24 Personen eine vergleichbar kleine Gruppe ist, im Verhältnis zu 130.000 Offenbacherinnen und Offenbachern. Aber wer schonmal in der Familie, in der Uni, dem Stammtisch oder der Partei in einer Gruppe von mehr als 20 Leuten hart über ein Thema debattiert hat und versucht hat einen Ausgleich zu finden, der weiß, dass die Gruppengröße beschränkt sein muss, um am Ende auch Ergebnisse zu haben.

Wir haben die Gruppenaufteilung daher vom Ende her gedacht: Wie groß darf die Arbeitsgruppe am Ende maximal sein, dass das noch funktioniert. Und daraus haben sich dann die Kontingente für Politik, Verwaltung und Bürgerschaft ergeben.

Uns war es dabei auch wichtig, dass diejenigen Bürgerinnen und Bürger, die ein erhöhtes Interesse an Bürgerbeteiligung haben sich einbringen können. Daher wird die hälfte der Plätze für Bürgerinnen und Bürger auf Bewerbung hin vergeben. Uns war es aber wichtig, keine Sonderprivilegien zu schaffen, sondern gerechte und gleiche Chancen auf Zugang für alle zu ermöglichen, die sich gerne einbringen wollen.

Wir finden, dass ein fester Sitz für bestimmte Gruppen immer das Engagement derjenigen in den Schatten gestellt hätte, die das nicht bekommen hätten. Es wird niemand ausgeschlossen, sondern wir wollen alle einbeziehen und deshalb allen die gleichen Chancen bieten.

Wir freuen uns, hier einen Prozess anzustoßen, der den Bürgerinnen und Bürgern mehr Repräsentation und Beteiligungsmöglichkeiten bringt, der Verwaltung mehr Klarheit und Sicherheit im Handeln und der die guten Ideen und das Wissen der Menschen in unserer Stadt noch besser in das Handeln von Politik und Verwaltung einfließen lässt.  

Ich bin jedenfalls sehr hoffnungsfroh, dass wir am Ende des Prozesses ein Ergebnis haben, das mithilft unsere Stadt ein Stück weit besser zu machen. Wir freuen uns über Ihre Zustimmung für den Antrag.

Hier geht's zum Antrag gruenlink.de/1dpf  

Kategorie

Aktuelles Fraktion | Anträge | Reden Fraktion | Weitere Themen

GRUENE.DE News

<![CDATA[Neues]]>