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11.12.14 –
Es gilt das gesprochene Wort.
Sehr geehrte Frau Stadtverordnetenvorsteherin,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
Haushalt unter der Lupe!
Was hat diese Lupe mit dem Offenbacher Haushalt zu tun?
Ganz einfach, meine Damen und Herren, die Lupe ist das das wichtigste Instrument der Offenbacher Haushaltspolitiker auf der Suche nach einzusparenden Euros – neben der Suche nach Hilfe von Außerhalb und nach Auswegen für fortwährende Finanzengpässe. Naheliegende Maßnahmen haben wir nämlich schon lange ausgeschöpft!
2014 war – sie erinnern sich - das Jahr der Nicht-Haushalte, das soll sich jetzt ändern. Eine Genehmigung scheint in Aussicht.
Nochmals haben wir unsere Anstrengungen verstärkt, die Ausgaben - immer und immer wieder - auf Einsparungen mit der Lupe analysiert, bis nur noch die allerwichtigsten Projekte und Aufgaben übrig waren.
Unsere Zielvorgabe als Grüne Fraktion war es, einen Haushalt vorzulegen, der sich durch drei Dinge auszeichnet:
1. Realistische Zahlen
2. Transparenz
3. Genehmigung durch die Regierungspräsidentin im ersten Anlauf.
Unsere Richtschnur dabei war, Offenbach lebenswert zu erhalten, für die Bürgerinnen und Bürger erneut ein Maximum aus den wenigen Ressourcen herauszuholen und eher am Beton zu sparen, als an dem, was bei den Menschen ankommt.
Finanzlage / Schutzschirm / KFA / Wirtschaft
Dies einzuhalten war und ist nicht einfach. Wie Sie alle wissen sind viele Kommunen, landauf und landab kaum noch Herr über ihre eigene Finanzlage. Woran liegt das?
Bedauerlicherweise fließt in Offenbach der größte Posten des Haushalts, ohne dass damit irgendeine gestalterische politische Kraft verbunden wäre. Es sind die gesetzlichen Pflichtleistungen an Offenbacher Bürgerinnen und Bürger, die sich Brutto auf 208,9 Mio. € und Netto – nach Abzug der Zuschüsse – auf 157 Mio. € belaufen - darunter z.B. 51 Mio. € an Kosten der Unterkunft bei Arbeitslosigkeit.
Das alles bei Gesamtausgaben von rund 399 Mio. €! Von den restlichen Aufwendungen im Haushalt werden im wesentlichen Kitas, Schulen, Bibliotheken, Museen, Zuschüsse an Vereine und die Gehälter der städtischen Angestellten bezahlt. In diesem Korsett bleibt kaum noch Luft zum Atmen!
Die wenigsten Ausgaben des städtischen Haushaltes, nur wenige Prozent, fließen in freiwillige Ausgaben etwa im Bereich Kultur und Sport!
Angesichts der enormen sozialen Leistungen der Stadt müssen wir daran erinnern, dass der Bund einen wesentlich höheren Anteil an den gesetzlichen Pflichtleistungen übernehmen muss, beispielsweise bei den Kosten der Unterkunft, die er nur zu 30% trägt. Das Schlüsselwort heißt Konnexität.
Das Konnexitätsprinzip, z.B. besagt, dass die übergeordnete Instanz, die die entsprechenden Gesetze erlässt, auch die Kosten dafür trägt. Leider geschieht dies nicht in dem Maße, wie es erforderlich wäre.
Unsere Forderung lautet daher: Bund und Land Hessen müssen die Kommunen finanziell bedarfsgerecht ausstatten und gemäß dem Konnexitätsprinzip die Aufwendungen für staatlich übertragene Pflichtleistungen übernehmen, wie dies bei der Grundsicherung im Alter schon der Fall ist.
Würde der Bund allein die Kosten der Unterkunft nach SGB II voll übernehmen, käme Offenbach in 2015 ohne Defizit aus!
Wir rufen daher alle Parteien dazu auf, dass ihre Bundestagsabgeordneten die Bundesregierung auf ihre besondere Verantwortung gegenüber den Kommunen hinweisen! Schon lange wurden den Kommunen zusätzliche Milliarden versprochen, doch wo bleibt das dazugehörige Programm?
Auch der Länderfinanzausgleich bedarf der Überarbeitung. Er wurde u.a. von Hessen beklagt. Von ihm hängt auch der kommunale Finanzausgleich auf Landesebene ab. Auch hier warten wir auf die Bundesregierung!
Meine Damen und Herren, kommen wir zum Land Hessen. Kommen wir zum kommunalen Finanzausgleich, aus dem Offenbach in 2015 knapp 100 Mio. € erhalten soll. Inklusive weitere Zuwendungen erhält die Stadt rund 110 Mio. €. Es muss nochmals daran erinnert werden, dass selbst diese scheinbar hohe Summe nicht ausreicht, um die Nettokosten der Pflichtleistungen – 157 Mio. €- zu decken!
Kommunaler Finanzausgleich
Obwohl das Land gesetzlich verpflichtet ist, die Kommunen über den kommunalen Finanzausgleich mit dem auszustatten, was für die kommunale Selbstverwaltung notwendig ist, besteht hier seit Jahren eine große Diskrepanz zwischen gesetzlichem Anspruch und dem tatsächlichen Strom der Ausgleichsmittel. Das war solange kein Problem, wie es den Kommunen insgesamt noch relativ gut ging.
Durch das Alsfeld-Urteil wurde die Unzulässigkeit des alten Verfahrens festgestellt. Nun soll der angemessene Bedarf der Kommunen die Richtschnur sein, wo früher lediglich Einwohnerzahlen galten.
Die Landesregierung stellte kürzlich ihr neues Modell vor, das zwei Drittel der Kommunen mehr Geld in die Kassen bringen soll. Auch Offenbach würde stärker profitieren als früher. Für 2015 spielt das neue Verfahren noch keine Rolle, das wird erst 2016 soweit sein, doch hätte Offenbach in 2014 rund 13 Mio. € mehr erhalten, wenn das neue System bereits gegolten hätte.
Möglich wird dies dadurch - und das ist zu begrüßen -, dass finanzstarke Kommunen mit einer Solidaritätsumlage an der Ausgleichszahlung an finanzschwächere Kommunen beteiligt werden sollen. Diese protestieren zwar, aber sie müssen sich nicht beklagen, denn es wurde darauf geachtet, dass sie eine um 37% höhere relative Finanzausstattung behalten.
Zu begrüßen ist auch, wenn Einnahmensteigerungen aus der Gewerbesteuer nicht automatisch zu einem Abzug bei den KFA-Mitteln führen, denn eigene Anstrengungen sollten nicht bestraft werden.
Zugegeben, das neue System versucht die vorhandenen Mittel gerechter zu verteilen, aber die Mittel reichen noch nicht aus. Dem System fehlt ein Index, der die sozialen Belastungen berücksichtigt, wie sie in Städten wie Offenbach vorhanden sind.
Wir Grünen sehen es daher als gemeinsame Aufgabe aller Stadtverordneten und des Magistrates an, sich in den kommenden Diskussionen und Verhandlungen dafür einzusetzen, dass das KFA-System dahingehend verbessert wird, dass sozialökonomische Kriterien über einen Sozialindex in die KFA-Berechnung einfließen. Offenbach stünden dann mehr als die nach dem Modell der Landesregierung berechneten 13 Mio. € zu.
Klar ist aber auch, dass wohlhabendere Kommunen genau das Gegenteil bemängeln, nämlich, dass sie für Städte wie Offenbach über die Solidaritätsumlage am Ausgleich beteiligt werden, jedoch nicht auf die bisherigen Zuweisungen verzichten wollen und daran denken, ihrerseits gegen den KFA zu klagen.
Es ist also unsicher, wer am Ende die Oberhand gewinnt und ob Offenbach mehr für sich herausschlagen kann als bisher - notwendig wäre es! Einstweilen bleibt nur der Versuch, sich an den eigenen Haaren aus dem Sumpf zu ziehen.
Angesichts der erwähnten Belastungen, mit denen wir unter dem löchrigen Schutzschirm stehen gelassen werden, ist es fast ein Wunder, dass wir im Schutzschirmkorridor bleiben und der Haushalt 2015 mit einem Defizit von „nur“ 38,66 Mio. € schließt.
Meine Damen und Herren, das gelingt nur, weil wir - statt auf andere zu warten - auch selbst unsere Anstrengungen verstärken – aus unserer Verantwortung heraus.
Sinnvoller Mix
Einsparungen allein helfen uns längst nicht mehr weiter, denn sie sind schon sehr ausgereizt. Zur Aufrechterhaltung basaler Elemente der Daseinsvorsorge wie Schulbau, setzen wir eher auf einen sinnvollen Mix aus Einsparungen und Einnahme Erhöhungen. Diese sind Teil der Schutzschirmvereinbarungen und letztere werden immer stärker von der Aufsichtsbehörde verlangt.
Am liebsten steigern wir die Einnahmen aber durch gezielte Wirtschaftsförderung und Firmenansiedlung im Hafenareal und im Kaiserleigebiet. Als Signal an die Wirtschaft wollen wir es verstanden wissen, dass die Gewerbesteuer ausdrücklich nicht erhöht wird, obwohl sie mit 61,5 Mio. € auch in 2015 die wichtigste kommunale Steuer ist. Ihr folgt mit 49 Mio. € der Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer und dann erst die vieldiskutierte Grundsteuer B mit 27,1 Mio. € und mit 8,6 Millionen € der Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer.
Da diese Entwicklung trotz Boom im Hafen Zeit braucht und Schulen jetzt saniert werden müssen, führt an einer moderaten Anhebung mancher kommunaler Steuern und Abgaben dennoch kein Weg vorbei.
Diese Entscheidungen sind unbequem und unpopulär und wir gehen diesen Schritt nicht gerne. Doch Schulen und Kitas müssen saniert, Offenbach muss funktionsfähig gehalten werden.
Die Erhöhung der Grundsteuer B, die in 2015 immerhin 27,1 Mio. € statt 22,7 Mio. € wie 2014 einbringen soll, hat bekanntermaßen bereits Unmut hervorgerufen, aber auch zustimmende Äußerungen waren in der Presse zu lesen.
Die Grundsteuer B müssen wir in jedem Fall wegen der RP-Vorgabe erhöhen, wir bleiben aber unter den Spitzenwerten von anderen Kommunen, die ebenfalls bald erhöhen.
Allen Kritikern sei die Frage gestellt: Welche Position würden Sie aus dem Offenbacher Haushalt streichen, um die Mehreinnahmen von 4,5 Mio. € auszugleichen?
Ein erster bescheidener Erfolg ist festzuhalten: Offenbachs Lage bleibt 2015 stabil im Schutzschirmkorsett, mit der Genehmigung des Haushaltes darf dieses Mal gerechnet werden. Wir können - alles in allem – zwar nur kleine Schritte gehen – unter der Aufsicht der Regierungspräsidentin. Doch sparsamer Umgang und gezielter Einsatz der Finanzmittel bedeuten keineswegs Stillstand der Politik, sondern Bewegung dort, wo es am nötigsten ist.
Für Investitionsvorhaben in die Erhaltung und Erneuerung der Stadtinfrastruktur sind Ausgaben in Höhe von ca. 34,5 Mio. € vorgesehen.
Mit der Vorlage des Haushaltes 2015 aus vielen Einsparungen und wenigen Einahmeerhöhungen sichern wir in erster Linie den Schwerpunkt Bildung und Erziehung.
Rund 57,1 Prozent der knapp 127.000 Offenbacher Bürgerinnen und Bürger haben Migrationshintergrund. Die Arbeitslosenquote liegt bei 12,7 % (Stand: 30.6.2014) und über dem hessenweiten Durchschnitt. Offenbach ist eine Stadt mit hoher Geburtenrate und überdurchschnittlich junger Population, die auch im Zusammenhang mit Zuwanderung rasant wächst. Innerhalb der Stadt Offenbach gilt jedes dritte Kind zwischen drei und sechs Jahren als arm oder armutsbedroht. Viele Kinder kommen aus bildungsfernen Haushalten.
Das heißt für uns GRÜNE, dass wir in verlässliche, qualitativ gute und inklusive frühkindliche Bildungsangebote investieren! So haben wir auch den Ausbau von Kita- und U 3-Plätzen sowie die Ganztagsklassenbetreuung in den vergangenen Jahren entschieden voran getrieben. Außerdem stellen wir bis 2017 weitere 5 Mio. € für die Sanierung der Kita 11 und für die Sanierung der Kita 1 zur Verfügung. Zusammen mit dem Neubau der Kita Hafen sind dies weitere wichtige Investitionen in die frühkindliche Bildung. So sichern wir die Zukunftschancen der Kinder und damit die Zukunft unserer Stadt!
Was ist der Preis dafür? Der Preis dafür ist die langfristige Verschiebung anderer Projekte, darunter viele Straßenumbau- und Straßensanierungsprojekte, wie der Umbau der Kaiserstraße oder die Sanierung der maroden Laska-Brücke.
Auf Seiten der Einsparungen muss weiterhin der dauerhafte Verzicht der Politik auf den vierten Hauptamtlichen hervorgehoben werden (bringt mit Büro, Referenten und Sekretariat ca. 300.000€/Jahr).
Abstriche werden auch beim Klimaschutz und beim Radverkehrskonzept hingenommen – da blutet das grüne Herz! Auch die Umsetzung des Spielplatzrahmenplans wird zeitlich gestreckt.
Einsparungen sind weder Selbstzweck noch Allheilmittel. Was wir gewinnen, liegt auf der Hand: Spielraum. Spielraum für unseren Schwerpunkt Erziehung und Bildung. Nicht nur in der prekären Lage Offenbachs ist es etwas Besonders, dass ein für die Stadtentwicklung wichtiges ca. 29 Millionen -€- Projekt realisiert wird: Der Neubau der Hafen-Schule (inklusive einer Kita), die auch zur Entlastung der Goetheschule dringend benötigt wird. Gleiches gilt für die insgesamt ca. 18 Mio. € teure Sanierung der Käthe-Kollwitz-Schule, die in 2015 ebenfalls an den Start geht.
Die Sanierung der Schulen müsste eigentlich intensiviert werden, da ist der Initiative IGOS Recht zu geben. Doch wir GRÜNE halten es schon für einen Erfolg, dass es dem Magistrat in Abstimmung mit den kommunalen Aufsichtsbehörden gelungen ist, das Schulbausanierungsprogramm (für das seit 2007 bereits rund 135 Mio. € investiert wurden) zwar zeitlich zu schieben, jedoch grundsätzlich und in Vollsanierung weiterzuführen. Hier werden in den kommenden 10 Jahren nach aktualisierten Zahlen noch einmal knapp 250 Mio. € investiert. So werden 2015 auch die Planungen, bzw. Baumaßnahmen für die Mathilden-, die Fröbel- sowie die Geschwister-Scholl-Schule beginnen. Die Priorisierung haben wir beibehalten, doch für schnellere Sanierungen und Reparaturen fehlen einerseits die Einnahmen und andererseits die Zuschüsse von Land und Bund.
Ein weiteres Pflichtprojekt ist der rund 12 Mio. € teure Hochwasserschutz am Main, dessen Verbesserung in 2015 mit 100.000 € für die Sanierungsplanung des Maindeichs im Stadtbereich anlaufen soll. Diese Kosten, das sei hier vermerkt, stehen eng mit dem Klimawandel in Zusammenhang. Die Deicherhöhung wird durch zunehmende Starkniederschläge erforderlich.
Die Entwicklung der neuen Wohngebiete Bieber-Nord und Bürgel-Ost wird mit Millionenaufwand weiter vorangetrieben, um - wie im Hafen - einkommensstarke Bürger in Offenbach zu halten. Immerhin ist der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer zwischen 2013 und 2015 von 44,9 auf 49,0 Mio. € angestiegen.
Die wichtige Aufwertung der Innenstadt wird mit dem Marktplatzumbau fortgeführt, für den in 2015 200.000 € bereitstehen. Auf Grund hoher Fördersummen hat die Stadt die einmalige Chance, mit relativ geringer Haushaltsbelastung ihren Kern attraktiver zu gestalten.
Eines der ehrgeizigsten und mit ca. 30 Mio. € aufwendigsten Infrastrukturprojekte ist der beginnende Kaiserleikreiselumbau, und die Erschließung des Gewerbeareals Kaiserlei, für das zunächst 1 Mio. € in 2015 eingeplant sind.
Mehr geht derzeit kaum. Wenn mehr gewünscht ist, müssen wir in der Stadtgesellschaft auch das Einvernehmen herstellen, wo die Einnahmen herkommen sollen und ob höhere Steuereinnahmen nötig und gerechtfertigt sind.
Wir sehen in dem vorliegenden Haushaltsentwurf eine verantwortbare Planung und empfehlen Ihnen, diesen anzunehmen, damit die zu finanzierenden Aufgaben im Sinne der Daseinsvorsorge angegangen werden können.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
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