Politik da ändern wo sie wirkt

Rede unseres Stadtverordneten Tobias Dondelinger zum Antrag Flüchtlingspolitik menschlich gestalten im Stadtparlament Im Ursprungsantrag wurde verlangt, dass sich Offenbach bereiterklären soll, 100 Menschen aus Moria aufzunehmen. Die Forderung klingt sympathisch und wir hätten auch kein Problem damit, dem zuzustimmen, wie es auch Kommunen landauf landab ähnlich getan haben. Wir haben unserem Änderungsantrag zugestimmt. Warum? Weil die Auswirkung auf das reale Leben der Menschen in den Lagern auf den griechischen Inseln am Ende die gleiche sein wird. Es wird keinem Menschen deshalb besser gehen, es wird aber auch keinem Menschen schlechter gehen, weil wir nicht dem Linken-Antrag zustimmen. Was unser Änderungsantrag im Gegensatz zum Ursprungsantrag klar benennt, ist die Verantwortlichkeit für die Situation der Menschen. Diese Verantwortlichkeit liegt nicht in Offenbach. Sie liegt zum Teil in Berlin, sie liegt aber zu sehr großen Teilen in Brüssel und in Athen. [mehr]

01.10.20 –

Rede unseres Stadtverordneten Tobias Dondelinger zum Antrag Flüchtlingspolitik menschlich gestalten im Stadtparlament

Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher, sehr geehrte Damen und Herren,

wenn ich an das Thema denke, zu dem ich hier heute spreche, ist es mir ganz elend zumute.
Wenn ich mir die Situation der Menschen vorstelle, die seit Monaten und Jahren in den Lagern auf den griechischen Inseln eingepfercht sind, die dort alleine oder mit ihren Familien leben, ohne zu wissen, wie es weitergeht, unter unwürdigen sanitären Bedingungen und mit der Angst vor dem Corona-Virus, das sich in den Lagern ausbreitet, dann macht mich das einfach nur traurig, weil die Menschen unverschuldet in einer Situation sind, in der sie nicht wissen, wie es weitergeht und keine wirkliche Perspektive haben, dass ihr Leben in Monaten oder Jahren besser wird.
Ich bin mir sicher in dieser Betroffenheit und dem Mitgefühl sind sich alle hier im Hause einig, denen Humanität und Würde des Menschen als Leitbild ihres Handelns dient.

Mir ist aber auch ganz elend zumute, weil wir in einem Land leben, das durchaus in der Lage wäre, diesen Menschen zu helfen und ihre unsägliche Situation zu verbessern.
Vor allem wird es mir aber ganz anders, wenn ich daran denke, dass eben nicht geholfen wird, obwohl es ginge und dass auch auf europäischer Ebene niemand ein wirkliches Interesse zu haben scheint, eine tragfähige Lösung zu finden.

Deutschland sitzt aktuell dem europäischen Rat vor. Das heißt natürlich nicht, dass die deutsche Regierung alleine eine Lösung herbeiführen könnte.
Sie könnte sich aber in diese Richtung engagieren. Zum Beispiel beim Sondergipfel des Europäischen Rates ab morgen. Aber unter den vielen zweifellos wichtigen Themen (EU-China, Industriepolitik, Vergiftung von Alexeij Nawalny, Lage im östlichen Mittelmeer) findet die Lage der Menschen in Moria oder der Geflüchteten generell, keinen Platz. Das ist es, was mein Elend auslöst. Mein Land kann helfen, es tut es aber nicht.

Im Ursprungsantrag wurde verlangt, dass sich Offenbach bereiterklären soll, 100 Menschen aus Moria aufzunehmen.
Die Forderung klingt sympathisch und ich für mich hätte auch kein Problem damit, dem zuzustimmen, wie es auch Kommunen landauf landab ähnlich getan haben. Ich werde am Ende aber eben doch unserem Änderungsantrag zustimmen. Warum?

Weil die Auswirkung auf das reale Leben der Menschen in den Lagern auf den griechischen Inseln am Ende die gleiche sein wird.

Es wird keinem Menschen deshalb besser gehen, es wird aber auch keinem Menschen schlechter gehen, weil wir nicht dem Linken-Antrag zustimmen. Was unser Änderungsantrag im Gegensatz zum Ursprungsantrag klar benennt, ist die Verantwortlichkeit, für die Situation der Menschen.

Diese Verantwortlichkeit liegt nicht in Offenbach. Sie liegt zum Teil in Berlin, sie liegt aber zu sehr großen Teilen in Brüssel und in Athen.
Wenn Griechenland sagt, es kommen keine Menschen von den Inseln in andere europäische Staaten, dann wird das nicht passieren. Egal was wir in Offenbach beschließen.
Wenn Berlin sagt, es kommen nicht mehr als 1553 Geflüchtete aus Moria nach Deutschland, dann wird das nicht passieren, egal was Bundesländer und Kommunen beschließen.
Und wenn Brüssel nicht dafür sorgt, dass wir eine funktionierende europäische Koordinierung und Verteilung von Geflüchteten haben, dann werden wir immer wieder neue Morias haben und es wird nichts besser werden. Egal was wir in Offenbach beschließen.

Deshalb finde ich es vor allem wichtig, dass wir dahin deuten, wo der Flaschenhals ist, wo tatsächlich etwas geändert werden kann und muss.
Wir haben bereits mit unserem Beschluss vom 16.8.2018 dokumentiert, dass sich Offenbach selbstverständlich zu seiner Verantwortung bekennt und bereit ist, seinen Teil der Lasten und Aufgaben zu übernehmen.
Alle weiteren Beschlüsse wären nicht schädlich. Sie wären aber auch nicht hilfreich. Wir müssen Politik dort ändern wo sie wirkt. Und das ist bei diesem Thema zurzeit nicht in Offenbach.
Ich werde das bei der Bundestagswahl im nächsten Jahr mit meiner Stimme tun und wenn es genug andere ebenso machen, dann werden wir auch eine menschlichere Politik haben und unser Land wird für einen würdigeren Umgang mit Geflüchteten stehen.

Meine Energien hier in Offenbach werde ich aber auch weiter in die Themen und Projekte setzen, wo ich eine Verbesserung für die Menschen bewirke.
Wenn ich das eines Tages durch einen Beschluss tun kann, eine konkrete Zahl von Menschen aufzunehmen, dann kann ich das konkrete Leben von Menschen verbessern, und dann werde ich auch alles darein setzen dies zu tun.
Jetzt ist dies nicht der Fall, deshalb ist unser Antrag zielführender als der Ursprungsantrag, weil er zumindest klar dorthin deutet, wo die Dinge zu ändern sind.

Dankeschön.

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